Flagge von Frankreich

Frankreich

Hauptstadt
Paris
 
Fläche
543.965 km²
 
Bevölkerung
60.723.000
 
pro km²
112 Einwohner
 
BIP/Einwohner
US-$
 

Datum & Zeit
23.11.2024
00:51
 
 
+
»
 

Geschichte

Vor dem Bau des ersten Sakralbaus im 8. Jahrhundert trug die Insel den Namen Mont-Tombe. Die Bewohner der Umgebung erklären diesen Namen mit dem Ausdruck für eine grabähnliche Erhebung, franz. tombe. Dies stimmt überein mit indo-europäisch tum (Erhebung), woraus dann tumba bzw. tumulus wurde. Tombelaine, der Name der kleinen, etwas nördlich gelegenen Insel, ist die Verkleinerungsform von Mont-Tombe.

Nach der Legende erschien 708 der Erzengel Michael Aubert, dem Bischof von Avranches, mit dem Auftrag zum Bau einer Kirche auf der Felseninsel. Aber der Bischof folgte auch der mehrfach wiederholten Aufforderung nicht, bis der Engel ihm mit seinem Finger ein Loch in den Schädel brannte. [Der Schädel von Aubert mit dem Loch wird in der Kirche St-Gervais in Avranches aufbewahrt; in Wahrheit dürfte es sich jedoch um einen neolithischen, trepanierten Schädel handeln.] Im Zeitraum 708-709 errichtete der heilige Aubert dann ein erstes Sanktuarium zu Ehren des heiligen Michael.

Im Jahr 933 annektierten die Normannen die Halbinsel Cotentin, wodurch die Insel strategisch bedeutsam an die Grenze zur Bretagne zu liegen kam. Eine erste Kirche im vorromanischen Stil wird errichtet, und die festungsartige Insel widersteht den Raubzügen der Wikinger. 965/966 gründet eine Gruppe von Benediktinermönchen das Kloster. In den folgenden Jahrhunderten werden Herzöge und Könige die großartige Architektur des Klosters finanzieren. 1017 begann Abt Hildebert II. mit dem Bau der zentralen Klosteranlage, die erst 1520 fertiggestellt sein sollte. Von 1023 bis 1084 wurde eine erste romanische Abteikirche errichtet.

Im 12. Jahrhundert war die Abtei Ziel großer Pilgerströme. Sie verfügte über große Macht und bedeutenden Einfluss, was sich auch in der Gründung zahlreicher Tochterabteien niederschlug, so z. B. St Michael's Mount in Cornwall. Die Normandie kam zum französischen Königreich, und Philippe Auguste, König von Frankreich, ermöglichte im 13. Jahrhundert den Ausbau des Klosters im gotischen Stil (das Gebäudeensemble La Merveille). Die Abtei hatte bedeutende Äbte, die sie zu höchsten Höhen führten; der bedeutendste unter ihnen war Robert de Torigni (ca. 1110 - 1186). Sie hatte aber auch eine Reihe von "Aebten", die sie als Kommende erhalten hatten und regelrecht ausplünderten. Der auf diese Weise eingeleitete Niedergang setzte definitiv mit dem Hundertjährigen Krieg ein. Der Mont Saint-Michel wurde von den Engländern, die sich 1423 auf der Insel Tombelaine festgesetzt hatten, bis 1434 belagert. Er wurde zwar zu keinem Zeitpunkt eingenommen, aber vor allem die Ortschaft wurde durch die englische Artillerie fast vollständig zerstört. Trotzdem zog das Kloster in der Mitte des 15. Jahrhunderts weiterhin Pilger an. Ein besonders bemerkenswertes Phänomen sind die zahlreichen Kinderwallfahrten aus Deutschland in den Jahren um 1456 bis 1458. Allein aus der süddeutschen Reichsstadt Schwäbisch Hall zogen 1458 etwa 100 Knaben zum Mont Saint-Michel. 1469 wurde die Abtei Sitz des neu gegründeten Ritterordens Ordre de Saint-Michel.

Zwar wurde noch 1520 der Chor im spätgotischen Stil (Flamboyant) fertig gestellt, aber in der Folge der Reformation und der anderen Umwälzungen der Neuzeit ging es mit dem Mont Saint-Michel bergab. 1790 verließen die Benediktiner das Kloster (erst 1969 sollten die Mönche zurückkehren). Im Zusammenhang mit der Französischen Revolution wurde die Abtei in ein Gefängnis umgewandelt, das ursprünglich für Regimegegner aus den Reihen des Klerus gedacht war. Der Berg erhielt den Namen Mont-Libre, was dem Verwendungszweck zweifellos Hohn sprach. Zwischen 15 000 und 18 000 Menschen saßen hier ein, auch einige wichtige politische Häftlinge wie Raspail und Barbès.

Während Jahrhunderten hatte der Mont zu den herausragenden europäischen Pilgerzielen gehört, das Menschen aus dem ganzen Kontinent anzog, und er hatte als Kloster mit Skriptorium weit über die Normandie hinaus höchste Wirkung entfaltet. Jetzt aber sprach niemand mehr vom Kloster als spirituellem und als Pilger-Ort; dem Mont haftete nur noch der Ruf eines der abscheulichsten Gefängnisse Frankreichs an, und deshalb wurde er jetzt in jeder Beziehung gemieden. Damit hatte der Mont seinen absoluten Tiefpunkt erreicht; viele Bauten waren am Zerfallen und teilweise bereits Ruinen, die Bevölkerung der Ortschaft war total verarmt, und der Fortbestand des Mont insgesamt war akut gefährdet.

Zu diesem Zeitpunkt, ab 1836, begann sich eine Bewegung um Victor Hugo für die Wiederherstellung des ihrer Meinung nach architektonischen Schatzes von nationalem Rang einzusetzen. Die Romantik hatte den Mont entdeckt! Sie verherrlichte ihn in Gedichten, Romanen und Gemälden und machte ihn auf diese Weise wieder weitherum und zudem in einem neuen, positiven Licht bekannt. 1863 erfolgte die Schließung des Gefängnisses. 1874 wurde der Mont Saint-Michel zum nationalen Denkmal (Monument historique) erklärt. Was die bauliche Erhaltung des Mont anbelangt, stand man vor einer gigantischen und auch enorm komplexen Aufgabe. Nur herausragende, von ihrer Mission durch und durch überzeugte Fachleute waren fähig, sich einer solchen Herausforderung zu stellen, und nur eine staatliche Organisation wie die Caisse Nationale des Monuments historiques et des Sites besaß den erforderlichen jahrzehntelangen finanziellen "Schnauf" und die auch über zwei Weltkriege hinhaltende Beharrlichkeit, um die Ausführung der Arbeiten zu begleiten. Im Buch Le Mont-Saint-Michel, Histoire & Imaginaire, 1998 wird von ausgewiesenen Wissenschaftlern nicht nur die Geschichte und vielfältige Bedeutung des Mont, sondern auch die faszinierende Geschichte der Restaurierung beschrieben. Dieses Buch ist übrigens das momentan einzige existierende neuere Werk in thematisch umfassender und inhaltlich sowie wissenschaftlich hochstehender Art über den Mont.

1872 befasste sich Eugène Viollet-le-Duc mit dem Projekt einer umfassenden Restaurierung sowohl der Abteigebäude als auch der Ortschaft und der Befestigungsanlagen. Im gleichen Jahr wurde einer seiner Schüler, der Architekt Edouard Corroyer, beauftragt, den Zustand der Bauten zu analysieren und die konkreten Restaurierungsarbeiten vorzubereiten. Auf Corroyer, der von 1872 bis 1888 am Mont arbeitete, folgten weitere Architekten, welche die Arbeiten – bis auf den heutigen Tag – fortführten, die einen nur wenige Jahre lang, andere während 20 bis 25 Jahren, also während des Hauptteils ihres Berufslebens.

1879 erfolgte die Fertigstellung des Damms, der den Mont Saint-Michel mit dem Festland verbindet. Von 1901 bis ca. 1939 verkehrte auf dem Damm neben der Straße eine Schmalspur-Dampfeisenbahn; 1944 wurden die Gleise wieder entfernt.

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