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Deutschland

Bundesrepublik Deutschland

Hauptstadt
Berlin
 
Fläche
357.027 km²
 
Bevölkerung
82.716.000
 
pro km²
232 Einwohner
 
BIP/Einwohner
US-$
 

Datum & Zeit
08.09.2024
01:45
 
 
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»
 

Geschichte

Die Kolonisation im 12. Jahrhundert brachte Siedler aus dem bayerischen Raum in die Region um Selb. Ein Adelsgeschlecht, das sich „de Selewen“ nannte, ist seit 1135 nachgewiesen. 1281 wurde Selb erstmals urkundlich erwähnt, als es zusammen mit dem benachbarten Asch im heutigen Tschechien, an den Vogt Heinrich von Plauen verpfändet wurde und Kaiser Rudolf von Habsburg darüber eine Urkunde ausstellen ließ. 1357 wurde Selb als Reichslehen an das Geschlecht der „Forster“ übertragen, weil von hier aus der Egerer Reichsforst verwaltet wurde. 1412 wurde Selb an die Burggrafen von Nürnberg verkauft. Diese schufen 1437 das „Sechsämterland“, so genannt, weil die Verwaltungsaufgaben dezentral auf sechs Amtsstädte verteilt waren. Eines dieser sechs Ämter war Selb. 1426 verlieh Markgraf Friedrich I. von Bayreuth-Brandenburg der Stadt ein erstes Stadtrecht. Selb blieb Zentrum des markgräflichen Forstes und bevorzugtes Jagdrevier der Bayreuther Fürsten. Noch heute erinnern die Hirschgeweihe im Stadtwappen an die jagdgeschichtliche Bedeutung der Stadt.

Nach mehreren Besitzwechseln und kriegerischen Zerstörungen in den darauffolgenden Jahrhunderten erlangte Selb bis weit ins 18. Jahrhundert Bedeutung als Bergbaustandort in Verbindung mit Hammer- und Eisenschmelzwerken. Die bedeutendsten Hammerwerke (Wenden-, Kaiser-, Schwarzen- und Hendelhammer) nutzten die Wasserkraft der Eger. Bergbau wurde im Steinbruch auf der Häusellohe (heutiger Schausteinbruch) betrieben. Das dortige sehr feinkörnige Granitvorkommen, das keine Eisenbeimengungen enthält, wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem zur Herstellung von technischen Walzen für die Porzellanindustrie und von Mühlsteinen genutzt.

Selb war im 18. Jahrhundert eine Handwerkerstadt mit ca. 1.500 Einwohnern und mit Zünften der Schreiner, Zimmerleute, Gerber, Müller, Schuster und Weber. 1709 errichtete der Papiermacher Johann Georg Jäger eine Papiermühle. Sie wurde zum ersten Industriebetrieb der Stadt, der bis in die 1970er Jahre Bedeutung für die Druckindustrie haben sollte.

Nach dem Friedensschluss von Wien 1809 wurde Selb am 30. Juni 1810 bayerisch. Am 17. Juni 1836 wurde Selb zur Stadt erhoben. Durch die Unachtsamkeit einer Magd gerieten am 18. März 1856 die Gebäude bei der alten Apotheke in Brand. Das sich schnell ausbreitende Feuer zerstörte die gesamte Stadt und damit den mittelalterlich Stadtkern. Es ist als „Selber Brand“ bekannt. Nur wenige Gebäude überstanden den Feuersturm unversehrt, darunter die Gottesackerkirche zur hl. Dreifaltigkeit von 1612 und die sog. Pechhütte (kleiner profaner Fachwerkbau, in dem das Pechsiederhandwerk ausgeführt wurde) von ca. 1583; diese beiden Gebäude befanden sich damals außerhalb des Stadtkerns. Im Ganzen wurden 221 Häuser und 408 Nebengebäude in Schutt und Asche gelegt, 624 Familien (über 3500 Personen) wurden obdachlos.
Um 1857 entwickelte sich Selb zur Porzellanstadt. Die durch den Selber Brand arbeitslos gewordenen Weber fanden 1857 teilweise wieder Arbeit, als Lorenz Hutschenreuther die erste Porzellanfabrik auf der Ludwigsmühle errichtete. Seine Pioniertat bestand darin, dass er die industrielle Serienfertigung von Porzellan ermöglichte. Das „Weiße Gold“ wurde auch für Normalbürger erschwinglich. In der Fabrik fanden viele der arbeitslos gewordenen Weber eine neue Zukunft.
Der Bahnanschluss 1864 an die Strecke Hof–Eger begünstigte die einsetzende rasante Industrieentwicklung in Selb. Es gründeten sich die Porzellanfabriken Jakob Zeidler & Co., J. Rieber, Rosenthal, Krautheim, Müller, Heinrich & Co., Jäger & Werner, Gräf & Krippner, Krautheim & Adelberg, Zeidler & Purucker, Gebr. Hofmann und die Oberfränkische Porzellanfabrik. 1900 hatte Selb bereits 7.200 Einwohner. Inzwischen bestanden 20 Porzellanfabriken mit zusammen 100 Rundöfen.

Am 1. Juli 1919 wurde Selb aus dem Landkreis Rehau ausgegliedert und zur kreisfreien Stadt erklärt.
1930 war die Stadt auf 14.200 Einwohner angewachsen. Die Zahl der Porzellanfabriken war jedoch im Zuge der Weltwirtschaftskrise und der Inflation der 20er Jahre gesunken. Die meisten Fabriken waren durch Fusionen an andere Firmen übergegangen. Die übrig gebliebenen entwickelten sich zu Weltmarken. Heute noch sind die weltweit bekannten Marken Rosenthal, Hutschenreuther und Villeroy & Boch (vorm. Heinrich) in Selb ansässig.

Zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Selb von amerikanischen Truppen eingenommen. 3.500 Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten kamen nach Selb. Durch die neue Grenzziehung fielen für die Porzellanindustrie die Tschechoslowakei und Sachsen als Märkte und Rohstoffquellen weg.

Im Zuge der Gebietsreform 1972 wurde Selb als Große Kreisstadt dem Landkreis Wunsiedel zugeordnet. 1978 wurden die Gemeinden Erkersreuth, Heidelheim-Steinselb, Längenau, Lauterbach-Wildenau, Mühlbach, Oberweißenbach, Selb-Plößberg, Silberbach, Spielberg, Unterweißenbach und Vielitz eingegliedert.

Die Krise der Porzellanindustrie in den Bereichen Tafel- und Luxusgeschirr konnte in den 1990er Jahren nicht geleugnet werden. Die Zahl der Arbeitsplätze in den Porzellanfirmen ging von 5.000 im Jahr 1965 auf heute unter 1.000 zurück. Technisierung, Rationalisierung und die kostengünstigere Produktionsverlagerung ins Ausland stürzten Stadt und Region in einen einschneidenden Strukturwandel. Diese Abwanderung der Porzellanindustrie konnte von keiner anderen Branche abgefangen werden.

Basierend auf dem Artikel Selb der freien Enzyklopädie Wikipedia unter der GNU Free Documentation License.
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