Geschichte
Bis 1865 wurde der Name Weingarten nur für das Kloster Weingarten verwendet, die umgebende Ortschaft hieß Altdorf. Der Name wird vom fränkischen alach für „Kirche“ hergeleitet, es handelte sich also um einen Ort mit eigener Pfarrkirche.
Altdorf war (vermutlich unter anderem Namen) schon im späten 5. Jahrhundert von Alamannen besiedelt. Aus der Merowingerzeit stammt das Gräberfeld von Weingarten, das annähernd vollständig untersucht werden konnte. Die Funde lassen durch ihren Reichtum auf einen alamannischen Herrensitz schließen. Spätestens im 8. Jahrhundert wurde Altdorf wie ganz Alamannien Teil des Fränkischen Reichs. Um die Mitte des 9. Jahrhunderts kam das mittlere Schussental als Grafschaft Schussengau in Besitz des schwäbischen Zweiges der Welfen, die in Altdorf gegenüber dem Martinsberg eine Pfalz errichteten, ihre neue Stammburg.
Um 935 gründeten die Welfen in Altdorf ein Frauenkloster, das als Grablege (Familiengrab) ihres Geschlechts bestimmt war, aber bereits 1053 durch einen Brand zerstört wurde. Die Nonnen wurden zunächst auf den Martinsberg umgesiedelt.
1056 gründete Welf IV. nach der Verlegung der Burg ins benachbarte Ravensburg auf dem Martinsberg ein neues Benediktinerkloster, das mit Mönchen aus Altomünster besiedelt wurde; die Altdorfer Nonnen besiedelten im Gegenzug das Kloster Altomünster. Der Name Kloster Weingarten ist um 1123 belegt. Die Mönche beschäftigten sich u. a. mit der Buchmalerei, ihr berühmtestes Werk ist das Berthold-Sakramentar (1217, heute in der Pierpont Morgan Library in New York).
In der Ortschaft Altdorf entwickelte sich ab dem 13. Jahrhundert ein Markt. Unter König Rudolf von Habsburg wurde die Entwicklung zu einer Stadt aber durch Errichtung der Landvogtei Oberschwaben (später Landvogtei Schwaben) gehemmt, deren Sitz zunächst im benachbarten Ravensburg war, nach Zerstörung der dortigen „Veitsburg“ im Dreißigjährigen Krieg 1647 aber nach Altdorf verlegt wurde. Die Landvogtei wurde zumeist an Fürsten oder Adlige verpfändet, darunter die Reichstruchsessen von Waldburg. In einer kaiserlichen Urkunde von 1377 wurde Altdorf zwar das Recht auf einen regelmäßigen Wochenmarkt gewährt, der allerdings bestehende Märkte innerhalb einer Meile (7,4 km) – und damit den Ravensburger Markt – nicht gefährden durfte. Auch eine Stadtbefestigung wurde untersagt. Die Nachbarstadt Ravensburg zog in dieser Zeit als Freie Reichsstadt zahlreiche Einwohner aus Altdorf an, darunter die späteren Ravensburger Handelsfamilien und Patriziergeschlechter Holbein und Humpis.
Das Kloster Weingarten wurde dagegen 1274 zur Reichsabtei erhoben und erwarb im Laufe der Zeit großen Landbesitz vom Allgäu bis zum westlichen Bodensee. Dieser Besitz umfasste zuletzt 306 km², damit war Weingarten nicht nur eines der reichsten Klöster in Süddeutschland, sondern regierte auch größere Gebiete als die meisten Reichsstädte. 1715 wurde die romanische Klosterkirche (erbaut 1124–1182) größtenteils abgerissen; an ihrer Stelle wurde 1715–1724 eine große, reich ausgestattete barocke Basilika erbaut, die inmitten einer idealtypischen Klosteranlage stehen sollte. Der Idealplan des Klosters wurde jedoch nur teilweise in die Wirklichkeit umgesetzt. Im Zuge der Säkularisation wurde das Kloster 1803 aufgelöst und zunächst Besitz des Hauses Oranien-Nassau.
Altdorf selbst war ab 1452 Teil der habsburgischen Verwaltungseinheit Vorderösterreich und blieb bis 1805 Sitz der Landvogtei Schwaben, als es nach dem Pressburger Frieden zum Königreich Württemberg kam und zunächst Sitz eines Oberamtes wurde. Auch das Kloster Weingarten wurde 1806 durch Napoleon seinem Verbündeten Württemberg zugeschlagen. 1810 kamen Altdorf und Weingarten zum Oberamt Ravensburg.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Altdorf zum Militärstandort mit mehreren Kasernen (deren letzte Ende des 20. Jahrhunderts geschlossen wurde). Wie in der Nachbarstadt Ravensburg entwickelte sich auch eine bedeutende Maschinenbauindustrie. 1865 wurde Altdorf nach dem Namen der Abtei in Weingarten umbenannt und zur Stadt erhoben. 1922 wurde in einem Teil der Klostergebäude wieder eine Benediktinerabtei gegründet.
Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde Weingarten zum 1. April 1939 nach Ravensburg eingemeindet. Die rivalisierenden Nachbarstädte wurden allerdings nach Kriegsende wieder getrennt, ab dem 1. April 1946 war Weingarten wieder selbstständig.
Seit 1949 dient der größte Teil der ehemaligen Klostergebäude der Lehrerausbildung (seit 1962 als Pädagogische Hochschule). Ein Teil des Hauptgebäudes ist von der Diözese Rottenburg-Stuttgart für die Katholische Akademie gepachtet, eine Einrichtung der Erwachsenenbildung, ein weiterer Teil durch das Benediktinerkloster belegt.
Bestrebungen zu einer erneuten Verbindung mit Ravensburg während der Gemeindereform der 1970er Jahre stießen auf massive Gegenwehr der Weingartener Bevölkerung und wurden darum nicht verwirklicht. Die Einwohnerzahl überschritt 1973 die Grenze von 20.000. Daraufhin stellte die Stadtverwaltung den Antrag auf Erhebung zur Großen Kreisstadt, was die Landesregierung von Baden-Württemberg mit Wirkung vom 1. Januar 1974 beschloss.
2004 fanden in Weingarten die Heimattage Baden-Württemberg statt.
Basierend auf dem Artikel Weingarten (Württemberg) der freien Enzyklopädie Wikipedia unter der GNU Free Documentation License.
Quelle | Autoren und Artikelversionen