Geschichte
Der Name Chur kommt vom keltischen kora, koria, was so viel heisst wie Stamm oder Sippe. Ausgrabungsfunde beweisen, dass Chur bereits in der Jungsteinzeit (etwa 3000 v. Chr.) besiedelt war, wobei der Schwerpunkt im heutigen Welschdörfli links der Plessur lag. Siedlungsreste und Gegenstände der Bronze- und Eisenzeit entdeckte man sowohl dort als auch im Areal Sennhof/Karlihof am Ostrand der Altstadt. Chur gilt damit als Schweizer Stadt mit der längsten ununterbrochenen Siedlungsgeschichte (älteste Stadt der Schweiz).
Nachdem die Römer im Jahre 15 v. Chr. Rätien eroberten, entstand im Welschdörfli eine bäuerlich-gewerbliche Siedlung, deren Grösse und Bedeutung noch unbekannt sind. Die These, Curia Raetorum sei nach der Aufteilung Rätiens unter Kaiser Diokletian zur Hauptstadt der neu geschaffenen Provinz Raetia prima – die sich vom Bodensee bis zu den oberitalienischen Seen und in den Vinschgau erstreckte – erhoben worden, ist zwar plausibel, aber zur Zeit nicht zu beweisen (Zitat HLS). Wohl bereits im 4. Jahrhundert wurde das Bistum Chur als erstes Bistum nördlich der Alpen gegründet. Erstmals wird 451 mit Asinio ein Bischof urkundlich erwähnt. Die Kathedrale von Chur und die bischöfliche Burg entstanden auf dem Hof, einem nach Süden zur Plessur felsig abfallenden Plateau mit dreieckigem Grundriss. Damit verlagerte sich das Siedlungszentrum aufs rechte Plessurufer.
In der Völkerwanderungszeit diente Chur als nördlicher Vorposten des ostgotischen Reichs, gelangte dann im 6. Jahrhundert unter fränkische Herrschaft. Erst als sich das Reich im 10. Jahrhundert nach den Auseinandersetzungen mit Magyaren (925/26 Zerstörung der Kathedrale) und Sarazenen (940 Zahlreiche Häuser verbrannt und 954 weiterer Sarazeneneinfall) stabilisiert hatte, kam Churs grosser Vorteil zum Tragen: die günstige Lage an einer der wichtigsten Nord-Süd-Routen Europas. Dem von Norden Kommenden öffnet sich das breite Rheintal als das natürliche Eingangstor zum Passland Graubünden. Hier verzweigt sich der Weg zu den Alpenübergängen: Julier und Septimer einerseits, Splügen und San Bernardino andererseits, die sämtlich seit der Römerzeit benützt wurden und jetzt für die beidseits der Alpen politisch und militärisch engagierten römisch-deutschen Kaiser entscheidende Bedeutung gewannen. Otto der Grosse setzte 958 seinen Vasallen Hartpert als Bischof ein und stattete das Bistum mit umfangreichen Rechten und Besitzungen aus. Die weltliche Macht der 1170 in den Reichsfürstenstand erhobenen Bischöfe stützte sich vor allem auf die Septimerroute, welche sie von Chur bis Chiavenna vollständig kontrollierten.
Im 13. Jahrhundert wurde die damals gut 1000 Einwohner (Handwerker, Händler, Bauern) zählende Siedlung mit einer Stadtmauer umschlossen. Über diese mittelalterliche Grenze – im Osten der Hof, im Süden die Plessur, im Nordwesten die Befestigungen entlang der heutigen Grabenstrasse – wuchs die Stadt bis ins 18. Jahrhunderts nicht hinaus. Das bäuerlich geprägte Welschdörfli blieb ausserhalb der Mauer. Die Gründung des Gotteshausbundes markierte 1367 einen ersten grossen Schritt im Streben der Bürger nach Selbstverwaltung. In jener Zeit entstand eine erste Stadtordnung, 1413 wird erstmals ein Bürgermeister erwähnt. Indem die Churer 1418–22 mehrmals die bischöfliche Residenz stürmten, zwangen sie den Stadtherrn zu Zugeständnissen. Der häufig als Erfüllungsgehilfe des Hauses Habsburg auftretende Bischof verlor an Macht und Ansehen. 1464 gab sich die Bürgerschaft eine Verfassung, die das Zunftwesen und die Besetzung der städtischen Ämter (Bürgermeister, Grosser und Kleiner Rat) regelte. Als Vorort des Gotteshausbundes und grösste Siedlung Rätiens galt Chur als Macht- und Wirtschaftszentrum der Drei Bünde. 1489 erhielt die Stadt die hohe Gerichtsbarkeit, der angestrebte Status einer Freien Reichsstadt blieb ihr jedoch verwehrt.
Als Ausdruck der vollständigen Emanzipation gegenüber dem Bischof – der unter anderem Zoll, Münz- und Jagdrecht behalten hatte – schloss sich die Stadt ab 1523 der Reformation an. Dennoch blieb der Sitz des katholischen Bistums in Chur. Ins 16. Jahrhundert fällt auch der Übergang vom Rätoromanischen zum Deutschen als Umgangssprache, obwohl der bischöfliche Hof bereits seit dem 9. Jahrhundert in deutschen Händen war. Trotz Stadtbränden 1464 und 1574 erlebte Chur einen wirtschaftlichen Aufschwung, bis die Bündner Wirren des Dreissigjährigen Krieges mit Zerstörung, Seuchen und einem den rätischen Freistaat beinahe zerreissenden Klima des Misstrauens einen schweren Rückschlag brachten.
Ab Mitte des 17. Jahrhunderts nahm die Stadt eine ruhige, auf den wieder zunehmenden Transitverkehr gestützte Entwicklung. Das Verhältnis der Bürger zum Bischof war, wenn schon nicht von Sympathie, doch wenigstens von gegenseitigem Respekt getragen. Nachdem Graubünden 1803 der Schweizerischen Eidgenossenschaft beigetreten war, wurde Chur mit der 1820 in Kraft getretenen Kantonsverfassung offiziell Hauptstadt. 1852 wurde der bis dahin souveräne Hofbezirk (Gemeinde Hof Chur) eingemeindet. Nach Abbruch der Stadtbefestigung wuchs die Stadt in mehreren Schüben, vor allem um 1900 und im dritten Viertel des 20. Jahrhunderts, auf ihre heutige Grösse. In den 1960er-Jahren stampfte der Churer Architekt Thomas Domenig mit der Ueberbauung Lacuna im Rheinquartier ein ganzes Betonviertel aus dem Boden. Basierend auf einer Ortsplanung von Hans Marti streben die Häuser in die Höhe und lassen dazwischen viel Raum frei.
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