Politik
Seit der Revolution von 1979 ist der Oberste Rechtsgelehrte („Revolutionsführer“) entweder der Rahbar (d. h. „Führer“) oder in seiner Abwesenheit ein Rat religiöser Amtsträger. Der Revolutionsführer, seit 1989 Seyyed AlÄ« ChÄmene'Ä«, hat die uneingeschränkte Macht und ernennt die obersten Richter (allesamt Geistliche) und ist auch Oberkommandierender der Streitkräfte. Er wird vom Expertenrat auf Lebenszeit gewählt. Dieser wird wiederum alle acht Jahre vom Volk gewählt, wobei der Wächterrat die Kandidaten genehmigen muss.
Der Regierungschef des Iran ist der Präsident (seit 2005 Mahmud Ahmadinedschad). Er wird in allgemeinen Wahlen für eine 4-jährige Amtszeit bestimmt. Der Präsident ernennt die Mitglieder des Kabinetts und steht diesem auch vor. Er koordiniert die Regierungsarbeit und legt dem Parlament die Regierungsvorlagen vor. Die Macht von Präsident, Regierung und Parlament ist jedoch stark beschränkt, denn alle zu wählenden Kandidaten und alle Gesetze müssen vom Wächterrat bestätigt werden. Zudem hat in allen Fragen das letzte Wort der Revolutionsführer.
Der Wächterrat besteht aus sechs Geistlichen und sechs weltlichen Rechtswissenschaftlern. Die Geistlichen werden vom Revolutionsführer ernannt. Ihre Aufgabe ist es, jedes Gesetz auf seine Konformität mit den islamischen Prinzipien hin zu überprüfen. Die Juristen werden vom Obersten Richter, dem Chef der Judikative ernannt. Ihre Aufgabe ist es, die Verfassungskonformität legislativer Akte zu überprüfen. Der Oberste Richter seinerseits wird vom Revolutionsführer ernannt. Der Wächterrat ist befugt, jedes Gesetz abzulehnen oder im Nachhinein für ungültig zu erklären, und Kandidaten die Teilnahme an der Wahl für das Parlament und das Präsidentenamt zu verweigern. Der Wächterrat entscheidet per einfacher Mehrheit. Bei gleichen Stimmanteilen hat der Revolutionsführer das letzte Wort.
In der iranischen Verfassung Artikel § 57 wird die staatliche Gewalt, also Legislative, Exekutive und Judikative, der religiösen Führung (welayat-e faghi) unterstellt. Alle drei Gewalten sind somit nicht autonom in ihren Entscheidungen, sondern abhängig vom geistlichen Führer Rahbar.
Das iranische Einkammer-Parlament (Islamischer Konsultativrat; persisch Majles-e Shura-ye Eslami) besteht aus 290 Abgeordneten, die in allgemeinen, direkten und geheimen Wahlen für eine 4-jährige Amtszeit gewählt werden. Wegen der Auswahl des Wächterrates wird das Parlament (außer von 2000–2003) von den islamisch-konservativen Kräften dominiert.
Mit dem überraschenden Wahlsieg Mohammad ChÄtemÄ«s bei den Präsidentschaftswahlen 1997 etablierte sich die politische Bewegung der Reformer im iranischen Parlament. Sie stehen dem religiösen Machtmonopol kritisch gegenüber und versuchen, die republikanischen Elemente des Staates zu stärken. So gelang es Chatemi zu Beginn seiner Amtszeit, eine Liberalisierung der nationalen Presse durchzusetzen. Die systemkritischen Stimmen bekamen dadurch ein öffentliches Organ, um ihrem Reformwillen Nachdruck zu verleihen.
Das Aufleben der Pressefreiheit dauerte allerdings nicht sehr lange an. Der Wächterrat machte die Gesetze mit Verweis auf Unverträglichkeit mit dem Islam rückgängig und blockierte fortan nahezu alle Reformversuche des Parlaments.
Seitdem sehen sich die Reformer mit großen Vertrauensverlusten in den reformwilligen Bevölkerungsgruppen konfrontiert. Die Enttäuschung über die Ohnmacht des Parlaments führte bei den letzten Kommunalwahlen (2003) zu sehr geringer Wahlbeteiligung (Landesschnitt 36 %, in Teheran 25 %) und zu einem klaren Sieg der konservativen Kräfte.
Bei den Präsidentschaftswahlen am 17. Juni 2005 trat vorerst das parlamentarische Ende der Reformer ein, zumal ChÄtemÄ« nach zwei Amtszeiten nicht erneut kandidieren durfte.
Der Wahlkampf wurde im Fernsehen, im Radio, auf Plakaten und auf Redeveranstaltungen geführt. Dominant war das Bild eines Mannes: AlÄ« Akbar HÄschemÄ« RafsandschÄnÄ«. Der ehemalige Präsident des Iran (1989–1997) kandidierte erneut für den Posten des Regierungschefs. Aus westlicher Sicht war er der sichere Wahlsieger, da er als starker Mann der Tat, als Pragmatiker galt und für wirtschaftlichen Aufschwung stand, dessen strahlende, ungezwungen westlich orientierte Auftritte allenfalls Korruptions- und Kungelleivorwürfe schmälerten.
Aber RafsandschÄnÄ« konnte sich nicht durchsetzen. Die Wahlen gewann völlig überraschend (für westliche Beobachter) Mahmud Ahmadinedschad in der ersten Stichwahl der iranischen Geschichte. Ahmadinedschad gilt als Hardliner. In westlichen Zeitungen wurde er unter anderem als „religiöser Faschist“ bezeichnet. Auf seiner politischen Agenda stehen viele Punkte, die an Ruhollah Mousavi Chomeini erinnern: Islamisierung der Gesellschaft, Kleiderordnungspflicht für Frauen, erhebliche Einschnitte der Presse- und Meinungsfreiheit, eine Abwendung von diplomatischen Eingeständnissen in internationalen Verhandlungen (Atomstreit), etc.
Doch wegen dieser Politik ist er nicht hauptsächlich gewählt worden. Er warb auch für eine Lösung der Probleme der einfachen Iraner. Er thematisierte die Alltagssorgen in den Armenvierteln Teherans. Arbeitslosigkeit, Armut, Hunger, Perspektivlosigkeit. Mit der Aussicht auf die Lösung dieser Probleme oder zumindest deren Abschwächung ist Ahmadinedschad im Wahlkampf aufgetreten. Die Arbeitslosen, die Armen, die vielen Menschen ohne Zukunft in einem Land mit außergewöhnlich vielen jungen Einwohnern, die einfachen Leute haben ihn darum gewählt, weil sie ihn als einen von ihnen ansehen.
Ob Mahmud Ahmadinedschad die Hoffnungen, die in ihn gesetzt werden, einhalten kann, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass Iran einen schweren Rückschlag im Hinblick auf die Demokratisierung und Liberalisierung der Gesellschaft und des Staatssystems erfahren hat.
In einer Rede vom 26. Oktober 2005 hat der Präsident die Vernichtung Israels gefordert, ein in der UN-Geschichte einmaliger Vorgang, der von den meisten UN-Staaten einhellig verurteilt wurde. Zuerst fälschlicherweise in den Medien als „Israel muss von der Landkarte getilgt werden“ zitiert, lautet die fragliche Stelle jedoch: „Das Regime, das Jerusalem besetzt hält, muss aus den Geschichtsbüchern eliminiert werden.“
Am 15. Dezember 2006 fanden mit den Kommunalwahlen und den Wahlen zum Expertenrat die ersten Wahlen nach dem Amtsantritt Ahmadinedschads statt. Überraschend wurde mit einem Landesdurchschnitt von 65 % eine außergewöhnlich hohe Wahlbeteiligung erreicht. Bei den Kommunalwahlen 2003 lag diese mit 36 % noch auf einem historischen Tiefstand. Das Ergebnis war im gesamten Iran einheitlich: eine herbe Niederlage für die Radikalislamisten um Ahmadinedschad. Und das trotz der Kandidatenselektion durch das Ahmadinedschad-treue Innenministerium und den Wächterrat, der sich ebenfalls fest in den Händen der Islamisten befindet.
Nicht nur in den Stadt- und Gemeinderäten schnitten die Kandidaten aus dem Präsidentenlager deutlich schlechter ab als die Konservativen und vielerorts auch als die Reformer. Im fünfzehnköpfigen Teheraner Stadtrat befinden sich auf Platz 8 und 15 die einzigen Vertreter der Radikalen. In anderen Städten war deren Ergebnis noch schlechter, selbst in der Hochburg Qom konnten sie nur 30 % der Stimmen erringen.
Auch die Wahl des Expertenrates, der den geistigen Führer Irans einsetzt und theoretisch auch wieder absetzten kann, nahm ein enttäuschendes Ende für Ahmadinedschads Kandidaten, seinen "geistigen Ziehvater" Mohammad Taghi Mesbah Yazdi. Dieser unterlag nach erbittert geführten Wahlkampf dem Überraschungssieger RafsandschÄnÄ« und landete selbst sogar nur auf Platz 6.
Der deutliche Wahlausgang und die hohe Wahlbeteiligung werden weltweit einvernehmlich als "Denkzettel" für Ahmadinedschad und Aufbegehren der iranischen Gesellschaft interpretiert. So wird, vornehmlich in westlichen Zeitungen, die Hoffnung genährt, die Menschen im Iran werden sich des "Problems" Ahmadinedschad vermittels der republikanischen und demokratischen Elemente ihrer Verfassung letztendlich selbst entledigen. Ein sanktionslastiges politisches oder sogar militärisches Eingreifen wäre demnach nicht erforderlich.
Nachdem am 29. Mai 2007 in Bagdad die ersten diplomatischen Gespräche zwischen dem Iran und den USA seit der Islamischen Revolution von 1979 stattgefunden hatten, verband sich damit die Hoffnung auf eine allmähliche Entspannung der bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Hauptsächlich war es in den Unterhandlungen zwischen den Botschaftern Ryan Crocker und Hassan Kasemi um ein Sicherheitskonzept für den Irak gegangen.
Basierend auf dem Artikel Iran der freien Enzyklopädie Wikipedia unter der GNU Free Documentation License.
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