Geschichte
In der vorislamischen Zeit unter den Kulturen der Minäer und Sabäer (ab dem 2. Jahrtausend v. Chr.) hatte sich das Gebiet des heutigen Jemen zum politischen und kulturellen Zentrum Arabiens entwickelt: nicht nur als Drehscheibe des Fernhandels zwischen Ostafrika, Indien und dem Mittelmeerraum, sondern auch als Hauptlieferant begehrter Erzeugnisse wie Edelsteine, Gewürze, Weihrauch und Myrrhe. Die wirtschaftliche Grundlage des Jemen bildete eine hochentwickelte Bewässerungstechnik, die den Regen aus dem Gebirge nutzbar machte. Die bedeutendste Anlage war der (heute als Großprojekt neu konstruierte) Damm von Marib (8. Jahrhundert v. Chr.).
Unter mehreren regionalen Königreichen übte Saba besonders vom 6. bis 4. Jahrhundert v. Chr. eine gewisse Vormachtstellung aus. Mit der Gründung der neuen Hauptstadt Zafar um 20 v. Chr. begann der Aufstieg des Himjariten-Reichs (bis 525 n. Chr.). Die Römer nannten den Jemen wegen seiner Reichtümer „Arabia Felix“. Ihr Versuch, das Land zu erobern, scheiterte. Nach ihrer Niederlage gegen die Römer im Ersten Jüdischen Krieg 70 n. Chr. brachten Flüchtlinge das Judentum in den Jemen. Zwar gelang den Himjariten im 3. Jahrhundert nochmals die Einigung des Landes, doch wurde es 525 vom äthiopischen Königreich Aksum erobert.
Unter äthiopischem Einfluss verbreitete sich in Teilen Südarabiens das Christentum. Von 570 bis 627 war der Jemen eine Provinz des Persischen Reiches. Im 7. Jahrhundert breitete sich die Lehre des Propheten Muhammad auf der Arabischen Halbinsel aus. Der letzte persische Statthalter, Badham, wurde 628 Muslim; der Jemen fiel damit an das Kalifenreich. Aufgrund religiös-politischer Machtkämpfe zerfiel dieses Ende des 9. Jahrhundert. in Teilstaaten. Unter den schiitischen Zaiditen wurde der Jemen im 10. Jahrhundert ein unabhängiges Imamat, das rund ein Jahrtausend lang, immer von Phasen der Eigenständigkeit unterbrochen unter Fremdherrschaft stand: unter den Fatimiden (11./12. Jahrhundert), den Ayyubiden (12./13. Jahrhundert), den Rasuliden (13.–15. Jh.) und schließlich ab 1517 unter osmanischer Herrschaft. Im 16. Jahrhundert besetzten die Portugiesen zeitweise Aden und Sokotra.
1839 hatten die Briten Aden besetzt und zum Stützpunkt ihres Seeweges nach Indien gemacht (ab 1937 Kronkolonie). Mit der Eröffnung des Sueskanals 1869 steigerte sich dessen besondere strategische Bedeutung für Großbritannien weiter. 1905 legten das Osmanische Reich und Großbritannien die gemeinsame Grenze zwischen ihren Protektoraten fest. Nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg wurde der Norden Jemens 1918 ein unabhängiges Königreich unter dem Imam Yahya. Dies führte zu einem Territorialkonflikt mit Saudi-Arabien, der sich 1934 in einem Krieg zwischen den beiden Monarchien entlud. 1944 gründeten im Adener Exil Kaufleute, Intellektuelle und religiöse Führer die Oppositionsbewegung der „Freien Jemeniten“ gegen Yahya. Im Verlauf einer Revolte gelang es der Gruppe, diesen 1948 zu ermorden; sein Sohn, Imam Ahmad, konnte den Aufstand jedoch niederschlagen. Ein weiterer Aufstand scheiterte 1955.
Allerdings war es den konservativen Imamen nicht gelungen, das Land zu modernisieren. Nach dem Tod des Imam Ahmad stürzte am 26. September 1962 eine Gruppe nationalistischer, sunnitischer Offiziere unter der Führung von General Abdallah as-Sallal die zaiditische Monarchie und proklamierte im Norden die Arabische Republik Jemen. Der letzte zaiditische Imam, Muhammad al-Badr, floh in die Berge zu loyalen Stämmen. Im darauf ausbrechenden achtjährigen Bürgerkrieg zwischen Royalisten und Republikanern unterstützte Saudi-Arabien die gestürzte Monarchie, während Ägypten den Republikanern half, die schließlich die Oberhand behielten. Auch nach der Niederlage von al-Badr blieb die politische Lage instabil.
Auch der Süden wurde von politischen Unruhen erschüttert. 1963 begann die neugegründete „Nationale Befreiungsfront“ (NLF) einen Guerillakrieg gegen die Kolonialmacht Großbritannien. Nachdem dieses für 1968 die Unabhängigkeit in Aussicht gestellt hatte, konnte die NLF mit Hilfe der Bevölkerung die meisten Gebiete der Kronkolonie unter ihre Kontrolle bringen. Großbritannien nahm daraufhin Verhandlungen mit der NLF auf und zog seine Truppen zurück. Am 30. November 1967 rief die NLF die Demokratische Volksrepublik Jemen aus. Die neue Regierung unter Qahtan Muhammad asch-Scha'abi verfolgte von Beginn an einen sozialistischen Kurs und lehnte sich eng an die Sowjetunion an.
Nach dem Sturz von as-Sallal 1967 folgten im Norden häufige Regierungswechsel und Attentate. Präsident Abdurrahman al-Iriani wurde 1974 gestürzt, Präsident Ibrahim Muhammad al-Hamadi 1977 ermordet und Präsident Hussein al-Ghashmi 1978 ebenfalls ermordet. Ein weiteres Konfliktpotential bot der sich zuspitzende Gegensatz zwischen den fundamentalistischen schiitischen Stammesföderationen im Nordosten und der überwiegend sunnitischen, modernen westlichen Strömungen gegenüber aufgeschlossenen Stadtbevölkerung.
Der Süden erhielt 1970 eine neue Verfassung, nachdem 1969 Salim Rabi Ali neues Staatsoberhaupt wurde. 1976 kam es nach wiederholten Zusammenstößen zu einer Aussöhnung mit Saudi-Arabien, das ebenso wie Kuwait umfangreiche Wirtschaftshilfe anbot. 1978 war kurzzeitig Ali Nasir Muhammad Staatsoberhaupt, der im gleichen Jahr von Abd al-Fatah Ismail abgelöst wurde. 1980 nahm erneut Muhammad diese Position ein. Auch die wirtschaftliche Bindung an den Ostblock verstärkte sich. 1986 kam es zu einem zweiwöchigen Bürgerkrieg, der mehreren tausend Menschen das Leben kostete und Haidar Abu Bakr al-Attas an die Macht brachte.
1972, 1979 und 1981 kam es immer wieder zu Grenzzwischenfällen zwischen dem Norden und dem Süden. Parallel dazu fanden Verhandlungen statt, die eine politische Union der beiden Staaten zum Ziel hatten. 1973 scheiterte ein Vorstoß noch am nordjemenitischen Widerstand, doch verbesserten sich die bilateralen Beziehungen seit Beginn der 1980er Jahre. Am 22. Januar 1990 verkündeten die Ministerpräsidenten beider Staaten die Öffnung ihrer gemeinsamen Grenze. Am 22. Mai desselben Jahres schlossen sich die Arabische Republik Jemen und die Demokratische Volksrepublik Jemen zur Republik Jemen zusammen. Der erste gesamtjemenitische Präsident wurde Ali Abdullah Salih, der seit 1978 die Republik Jemen regierte. Im Golfkrieg von 1990 hatte Jemen noch den Irak unterstützt, konnte aber 1999 die Beziehungen zu Kuwait normalisieren.
1993 fanden im Jemen die ersten freien Wahlen statt, in denen sich drei große Parteien gegenüber standen: Der Allgemeine Volkskongress – ehemals Einheitspartei im Nordjemen – die Sozialistische Partei – ehemals Einheitspartei des Südjemen, sowie die Jemenitische Vereinigung für Reformen (Islah). Die Koalition von Islah und Volkskongress wurde fast Modell für eine arabische Demokratisierung. Allerdings behielten alle Parteien ihre Truppen, was durch militärische Ausgewogenheit für Stabilität sorgte. Die Parlamentswahl im April 1997 wurde von den Sozialisten boykottiert, da sie nach dem Bürgerkrieg von 1994 in der südjementischen Stammwählerschaft diskreditiert waren und sie aufgrund der Konfiszierung ihrer Konten und Immobilien nach Beendigung des Krieges nicht über die für eine Wahlkampagne nötigen Ressourcen verfügten, so dass Präsident Salih fortan mit einer absoluten Mehrheit ohne die Islah regieren konnte.
1998 wurden diplomatische Beziehungen zwischen Jemen und dem Heiligen Stuhl aufgenommen und Frankreich stufte den Jemen als „Zone de solidarité prioritaire“ ein, was eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern bedeutet. Am 23. September 1999 wurde Salih ein fünftes Mal zum Präsidenten gewählt. Sein einziger Gegenkandidat, der langjährige Parlamentsvorsitzende und Scheich Abdallah Ibn Husayn al-Ahmar, war aus dessen eigenen Reihen ausgewählt worden und somit entfielen 96,3 % der Stimmen auf Salih. In nur sechs Jahren war das Land wieder zu einem Einparteienstaat geworden. Umgehend wurde der Druck auf die Oppositionsparteien erhöht, obwohl die Regionalwahlen im Februar 2002 durch ein Dezentralisierungsgesetz zu pluralistischen Gemeinde- und Regionalräten führten.
Im Januar 2002 trat der Jemen dem Golf-Kooperationsrat bei, vorerst nur als Beobachter. Im Somalia-Konflikt konnte der Jemen im Dezember 2000 mit Erfolg vermitteln. Im Februar 2001 konnte die Staatspartei ihre Macht mit einer durch ein Referendum abgesicherte dritte Verfassungsreform stärken. Der Konsultationsrat wurde in eine zweite Kammer umgewandelt (Madschlis asch-Schura) und die präsidiale Amtszeit dauert nun sieben statt fünf Jahre. Salih selbst kündigte an, dass er bei den nächsten Präsidentschaftswahlen nicht antreten werde. Diese Entscheidung revidierte er im Juni 2006, nachdem in – von seiner Partei organisierten – Massendemonstrationen seine erneute Kandidatur gefordert worden war.
Nach dem 11. September 2001 wurden ausländischen Studenten sowohl Stipendien als auch Visa gestrichen, wodurch diese zur Ausreise gezwungen waren. Die Beziehungen zwischen den USA und dem Jemen sind gespannt. Der Jemen schlägt seit Beginn der Zweiten Intifada in Palästina eine härtere Gangart ein und ist bei der Zusammenarbeit für mehr Sicherheit zaghaft. Aber auch der Einsatz einer US-Drohne, die am 3. November 2002 sechs mutmaßliche Al-Qaida-Kämpfer im Jemen tötete, sowie die Ermordung dreier amerikanischer Missionare am 31. Dezember 2002 belasten die Beziehungen. Trotzdem ist Washington an einer Stärkung der jemenitischen Regierung interessiert.
Am 28. Dezember 2002 wurde der zweitwichtigste Politiker der Sozialisten, Dscharallah Umar, auf einem Parteitag getötet. Am 2. November 2005 wurde Ali as-Sa'awani zum Tode wegen der Ermordung von Dscharallah verurteilt. Kritisiert wurde, dass das Gericht im Interesse der Regierung keine Motive und Hintergründe der Tat thematisiert hat. Der Verurteilte gestand die Tat, er sah in Dscharallah den Architekten der Koalition der Sozialisten und der Islah.
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