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Deutschland

Bundesrepublik Deutschland

Hauptstadt
Berlin
 
Fläche
357.027 km²
 
Bevölkerung
82.716.000
 
pro km²
232 Einwohner
 
BIP/Einwohner
US-$
 

Datum & Zeit
18.05.2024
21:14
 
 
+
»
 

Geschichte

Am Zusammenfluss von Wietze und Örtze vermutete der Hermannsburger Geistliche und Heimatforscher Ludwig Harms ein Thor-Heiligtum, dass nach Angaben des Müdener Heimatforscher Ernst Schütze noch um 800 bestand. Die Christianisierung des Gebietes begann allerdings schon Ende des 8. Jahrhunderts, und laut Harms stand schon 866 eine Holzkirche in Müden. Die älteste urkundliche Erwähnung des Ortes führt auf das Jahr 1022 zurück. In der Schenkungsurkunde des Hildesheimer Bischofs Bernward vom 1. November 1022 für das Kloster St. Michael in Hildesheim wird unter anderem aufgeführt: „item Mutha in pago Muthiwide“ („ebenso Müden im Untergau Mündungswald“). Muthiwide, die latinisierte Form des altsächsischen Begriffes „Muthiwiddi“ (Muth = Mündung) bezieht sich auf den Namen eines Untergaus im Loingau. Gaue wurden in der Zeit Karls des Großen um 793 als regionale Verwaltungseinheiten eingerichtet. Die Siedlung Müden befand sich im Grenzgebiet des Loingaus, der sich vom unteren Leinegebiet bis zur Sothriet, Rodau und Örtze hinzog, und des nördlich anschließenden Bardengaus. Bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts ist die Geschichte Müdens mit dem Nachbarort Hermannsburg verbunden, mit dem es bis 1440 ein gemeinsames Kirchspiel bildete. Bis zu seinem Aussterben herrschte das Geschlecht der Billunger über die Region, die dann an die Welfen überging und bis 1866 dem Hause Hannover unterstand.

Zu Beginn des 11. Jahrhunderts entstanden am Zusammenfluss von Wietze und Örtze die ersten bäuerlichen Hofstellen, wie der Müllerhof, der Martenshof und der Renkenhof, die auch heute noch in anderer Funktion (u. a. Hotel Bauernwald) nahe der Kirche vorhanden sind. Müden erhielt erstmals 1185 eine eigene Kapelle, die aber von Hermannsburg betreut wurde. Mit dem Bau der noch heute bestehenden St.-Laurentius-Kirche wurde 1189 begonnen, sie wurde 1217 fertig gestellt. Erst 1444 erfolgte die endgültige Trennung von Hermannsburg und die Einsetzung eines eigenen Kirchherrn.
Für das Jahr 1589 gibt es anhand einer Steuerliste, dem so genannten Schatzregister, einen ersten verlässlichen Nachweis über die Müdener Bauernhöfe. Danach gab es zu dieser Zeit sechs Voll- und zwei Halbhöfe, dazu fünf so genannte Kotenhöfe. Die Bewirtschafter besaßen zusammen 483 Schafe, 254 Rinder, 92 Schweine und 24 Pferde. Dazu hatte fast jeder Hof einen oder mehrere Bienenstöcke. Über die bewirtschafteten Flächen sagt die Steuerliste von 1589 noch nichts aus, darüber gibt es erst im Jahre 1770 Angaben. Damals bewirtschafteten zwölf Höfe insgesamt 151 Hektar Land, wobei der Müllerhof mit 22 Hektar den größten Anteil besaß. Die Schafhaltung mit den für die Region typischen Heidschnucken hatte sich in den fast 200 Jahren auf 1.040 Tiere erhöht. Auch in der Folgezeit nahm die Bedeutung der Müdener Landwirtschaft stetig zu. 1867 gab es schon 28 Bauernhöfe, und ihre Zahl erreichte 1936 mit 98 Betrieben den Höhepunkt.

Neben der Landwirtschaft wurde auf der Örtze bis 1912 auch Holzflößerei betrieben. Das in den nahe liegenden Wäldern geschlagene Holz wurde an der Bindestelle zu Flößen zusammengestellt und über die Aller bis nach Bremen transportiert. Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts erreichte die Flößerei ihren Höhepunkt mit jährlich fast 2.000 Flößen. Urkundlich nachgewiesen ist, dass schon 1438 an der Örtze eine Kornmühle betrieben wurde. 1465 erhielt Ole Müller, Besitzer des Müllerhofes vom Herzog zu Braunschweig-Lüneburg das hoheitliche Mühlenprivileg. Um 1620 wurde die Mühle an die Stelle verlegt, wo heute noch ein ehemaliges Mühlengebäude steht. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts warben die Bauern des Ortes zahlreiche Handwerker wie Böttcher, Schmiede, Zimmerleute, Schuster und Grützmacher an, um deren Dienste kostengünstiger als auswärtige Gewerbetreibende nutzen zu können.

Die Reformation wurde in Müden im Jahre 1530 auf Anordnung Ernst des Bekenners eingeführt. Die Zahl der Einwohner betrug 119. Über die durch den Dreißigjährigen Krieg verursachten Schäden in Müden ist wenig bekannt. Aus Rechnungsunterlagen der Kirchengemeinde aus den Jahren 1638 bis 1650 lässt sich schließen, dass es zu Zerstörungen und Plünderungen kam, denn es mussten Schäden an der Kirche beseitigt und neues Abendmahlsgerät angeschafft werden. Auch die gesprungene größte Glocke musste neu gegossen werden.

Mit der Einführung einer Landreform im Königreich Hannover wurde es den Müdener Bauern möglich, sich ab 1839 von den grundherrlichen Lasten zu befreien. Dazu musste jedoch der 25fache Wert der Jahressteuer als Ablöse aufgebracht werden. Nur dem Müller- und dem Martenshof gelang es, diese Mittel selbst aufzubringen, die übrigen Bauern mussten sich für lange Zeit verschulden. Der Weiterentwicklung des Ortes war dies jedoch nicht abträglich. Die Zahl der Einwohner stieg ständig, waren es 1821 noch 333, lebten 1890 schon 580 Menschen im Ort. 1852 wurde der um die Kirche gelegene Friedhof, auf dem sich bereits bis zu fünf Grabstellen übereinander schichteten, geschlossen und nördlich des Ortes ein neuer Bestattungsplatz angelegt.

Nachdem das Königreich Hannover 1866 eine preußische Provinz geworden war, kam Müden mit der 1885 durchgeführten Kreisreform zum Kreis Celle. Zugleich begann ein allmählicher Strukturwandel, weg vom reinen Bauerndorf hin zur Sommerfrische. Gefördert wurde der Fremdenverkehr durch die Schilderungen der Schriftsteller Hermann Löns und Richard Linde, die auch andere Autoren wie Felicitas Rose und Diedrich Speckmann sowie den Maler Fritz Flebbe nach Müden lockten. Rose und Flebbe fanden auch ihre letzte Ruhestätte in Müden. 1889 wurde der „Gasthof zur Post“ eröffnet, der sich in der Folgezeit zu einem stark frequentierten Hotel entwickelte (heute „Posthotel“). Ebenfalls förderlich für den Tourismus war die Eröffnung der Kleinbahnlinie Celle - Munster mit einem Bahnhof in Müden am 23. April 1910, mit der zugleich der Anschluss nach Hannover hergestellt wurde. 1913 wurde mit der Elektrifizierung des Ortes begonnen.

Der Erste Weltkrieg hatte für Müden unter anderem die Aufnahme von Flüchtlingen aus Ostpreußen, die Einquartierung des 78. Infanterie-Regiments und die Unterbringung von französischen und belgischen Kriegsgefangenen zur Folge. Am Ende des Krieges war 22 gefallene Soldaten in Müden zu beklagen. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nahm der Fremdenverkehr weiter an Bedeutung zu. Die Zahl der Einwohner stieg weiter an und erreichte 1928 einen Stand von 822. 1938 wurden bereits 1.162 Einwohner registriert. 1931 wurde eine Jugendherberge in Betrieb genommen, deren ursprünglicher Bauhausstil stark umstritten war. Ab 1940 musste die Jugendherberge als Lazarett dienen.

Ab 1944 litt die Müdener Bevölkerung unter häufigem Fliegeralarm, ausgelöst durch englische Bomber, die den benachbarten Faßberger Fliegerhorst angriffen. Am 14. April 1945 rückten englische Truppen gegen die Örtzebrücke vor. Als ein deutsches Kommando die vorgelagerte Wietze-Brücke sprengte, eröffneten die bereits im Ort befindlichen Panzer der Engländer das Feuer auf den Ort, in dessen Folge einige Häuser in Brand gerieten. Erst 1949 waren die letzten Schäden beseitigt. Durch die Aufnahme von Flüchtlingen aus den deutschen Ostgebieten war die Zahl der Einwohner bis 1946 auf 1.746 angestiegen. Ab 1949 wurden für die Neubürger ganze Straßenzüge neu errichtet. 1954 wurde am Westrand des Ortes nochmals ein größerer Friedhof eingerichtet. 1965 stellte die Korn- und Sägemühle ihren Betrieb ein, deren Gebäude 1993 als Touristen- und Kulturzentrum hergerichtet wurden. Um die Attraktivität Müdens zu steigern, wurden 1971 ein Wildpark eingerichtet und 1976 die Örtze teilweise in einen künstlich angelegten See umgeleitet. Es entstand der 6,5 ha große Heidesee, der zum Segeln, Angeln und zu Spaziergängen einlädt. Mit der Konzentration auf den Fremdenverkehr veränderte sich der Charakter des Ortes innerhalb von 60 Jahren vollständig, 1995 gab es im Ort nur noch vier landwirtschaftliche Betriebe. Heute wirbt der Ort mit dem Attribut „Perle der Südheide“ für seine touristischen Angebote.

1973 wurde Müden in die Samtgemeinde Faßberg einbezogen und zum 1. Januar 1977 vollständig in die Einheitsgemeinde Faßberg eingemeindet. Letzter Bürgermeister von Müden war Günther H. Wilmsen, der von 1973 bis 1976 amtierte.

Basierend auf dem Artikel Müden (Örtze) der freien Enzyklopädie Wikipedia unter der GNU Free Documentation License.
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