Geschichte
Ihren Ursprung hat die Stadt in der Burg Ragnita (prußisch ragas: Horn, Ecke, Landzunge, Spitze, Hinausragendes), einem Stützpunkt des Prussenstammes der Schalauen. Sie siedelten spätestens im 13. Jahrhundert beiderseits des Memelflusses. Um 1220 wurde die damals hölzerne Burg von einem russischen Heer erfolglos belagert, doch 1275 gelang es dem Deutschen Ritterorden, die Burg zu erobern. Die Ritter ersetzten 1289 den Holzbau durch eine steinerne Burg, die sie „Landshut“ nannten. Dieser Name konnte sich jedoch nicht durchsetzen, und so blieb es bei der ursprünglichen Bezeichnung. 1293 wurde auf einer Halbinsel der Memel eine weitere Feste errichtet, die Schalauerburg. Beide Burgen sicherte das Ordensland nach Norden hin und waren Stützpunkte für die Ende des 13. Jahrhunderts begonnenen Feldzüge des Ordens gegen Litauen.
Während dieser kriegerischen Auseinandersetzungen wurde 1355 die Schalauerburg zerstört. Sie wurde zwar bereits ein Jahr später wieder aufgebaut, doch nachdem sie 1365 erneut geschleift wurde, verzichtete man auf einen erneuten Wiederaufbau. Dagegen wurde die Burg Ragnit in den Jahren 1397 bis 1409 unter Mitwirkung des rheinländischen Baumeisters Nikolaus Fellenstein, der auch am Bau der Marienburg beteiligt war, zu einer der stärksten Festungen des Ritterordens ausgebaut. Im Schutze der Burg hatte sich inzwischen ein Marktflecken entwickelt, der Dank der günstigen Verkehrslage an der Heerstraße nach Insterburg und dem Flussübergang nach Norden an Bedeutung gewann. Die Pläne des Ordens, die Siedlung zur Stadt zu erheben, kamen wegen der Niederlage gegen Polen 1410 nicht zur Ausführung. Allerdings wurde der Ort Sitz einer Komturei, der auch die Burgen in Tilsit und Labiau unterstanden. Auch nach der Säkularisierung des Ritterordens 1525 blieb Ragnit Sitz eines Amtshauptmannes. Im 17. Jahrhundert wurde der Ort zweimal zerstört, im Jahre 1656 durch die Tataren, 1678 durch schwedische Truppen. Im Jahre 1722 wurde Ragnit schließlich durch den preußischen König Friedrich Wilhelm I. zur Stadt erhoben. In den Jahren von 1709 bis 1711 wurde die Ragniter Bevölkerung durch Pest und Hungersnot um mehr als die Hälfte dezimiert. Während des Siebenjährigen Krieges wurde die Stadt 1757 von russischen Truppen zerstört.
Auch während des Zuges Napoleons gegen Russland erlitt Ragnit schwere Brandschäden. Durch die preußische Verwaltungsreform von 1815 wurde Ragnit Kreisstadt, musste diesen Status jedoch 1922 wieder abgeben, als die Kreise Ragnit und Tilsit vereinigt wurden und das Landratsamt in die größere Nachbarstadt verlegt wurde. 1829 wurde die Burg Ragnit durch ein Feuer stark beschädigt.
Nach der Fertigstellung der Bahnlinien Tilsit - Stallupönen (1894) und Ragnit - Insterburg (1913) siedelten sich schnell Industriebetriebe an. So entstanden Ziegeleien und eine Eisengießerei, außerdem entwickelte sich die Stadt zu einem Obstbauzentrum. Hatte Ragnit 1782 nur 1.882 Einwohner, so war deren Zahl 1895 auf 4.591 gestiegen.
Zu Beginn des 2. Weltkrieges lebten in Ragnit 10.094 Einwohner, die Stadt erstreckte sich auf einer Fläche von 2.378 km² und beherbergte Zellstoff-, Holzwaren- und Maschinenbaufabriken. Als Mitte Oktober 1944 die Rote Armee das Nordufer der Memel erreicht hatte, wurde am 20. Oktober 1944 die Evakuierung der Stadt angeordnet. Am 17. Januar 1945 wurde Ragnit kampflos von den sowjetischen Soldaten eingenommen.
Die Stadt wurde nach der russischen Bezeichnung für den Fluss Memel in Neman umbenannt. Durch Umsiedlungsprojekte kamen Neusiedler vor allem aus Zentralrussland, der Region des heutigen Föderationskreises Wolga und aus Weißrussland. Zu Beginn der sowjetischen Herrschaft wurde mit der Kollektivierung der Landwirtschaft in der Region begonnen. Durch ineffektive Bewirtschaftung kam es in der Folge zu einem Niedergang der Landwirtschaft und somit der gesamten Region. Dies hatte - insbesondere nach der Öffnung der bisher als Militärsperrgebiet abgeschotteten Kaliningrader Oblast und der Auflösung der Sowjetunion - eine ausgesprochene Landflucht aus der strukturschwachen Region zur Folge, die bis heute anhält.
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