Geschichte
Erstmals erwähnt wurde Radywyliw 1564 als Besitz des aus Vilnius stammenden polnischen-litauischen Magnatengeschlechts der RadziwiÅ‚Å‚ und gehörte ursprünglich zum Großfürstentum Litauen, war aber nach der Lubliner Union von 1569 direkt dem Königreich Polen unterstellt. Die erste westliche Beschreibung der Ortschaft stammt von dem französischen Diplomaten Ulrich von Verdum aus dem Jahr 1672. Im 18. Jahrhundert ging die Stadt ins Eigentum der Malczewskis über und 1775 erbte Kajetan MiÄ…czyÅ„ski Radywyliw mit seinen 146 Häusern, musste sie aber bereits 1789 an den Warschauer Bankier Karol Schultz verkaufen.
Bereits in Folge der 1. Teilung Polens 1772 war Radywyliw Grenzstadt geworden, blieb selbst aber noch bis zur endgültigen Aufteilung der polnisch-litauischen Adelsrepublik 1795 polnisch. Danach war es bis zum Ende des 1. Weltkriegs Teil des Russischen Reichs. Der Anschluss an Russland führte zu einer Aufwertung der Ortschaft, da der in Radywyliw errichtete Zollbezirk für einen großen Abschnitt entlang der russischen Westgrenze verantwortlich war. Besonders während der napoleonischen Kriege und der Kontinentalsperre profitierte Radywyliw vom intensiven Warenverkehr, der über das nur 10 km entfernte, aber bereits in Österreich liegende Brody abgewickelt wurde, wobei ein großer Teil der Waren illegal über die Grenze transportiert wurde.
Im Zuge der Verwaltungsreformen Alexander II. wurde Radywyliw 1866 Sitz eines gleichnamigen Amtsbezirks (Wolost) im Landkreis (Ujesd) Kremenez, erlangte jedoch nicht offiziellen Stadtstatus. Als Folge des 1873 hergestellten Eisenbahnanschlusses ans internationale Schienennetz und einer langsam einsetzenden Industrialisierung wuchs die Bevölkerung zwischen 1870 und 1890, trotz eines verheerenden Brands 1882, von rund 2.500 auf 7.500 und verdoppelte sich bis 1910 noch einmal. Auf Grund der heftigen Kämpfe während des 1. Weltkriegs und des darauf folgenden polnisch-ukrainischen sowie polnisch-sowjetischen Kriegs nahm die Bevölkerung bis 1923 auf unter 5.000 Einwohner ab.
In der Zwischenkriegszeit war Radywyliw zunächst Teil der zwischen 1918-1920 bestehenden Ukrainischen Volksrepublik. Diese konnte ihre Hoheit über die Stadt jedoch nie wirklich durchsetzen, so dass Radywyliw bis 1939 Teil der Woiwodschaft Wolhynien innerhalb der polnischen Zweiten Republik war. Im Zuge des geheimen Zusatzprotokolls des Hitler-Stalin-Pakts vom August 1939 wurde Radywyliw von der Sowjetunion annektiert und erhält 1940 unter dem Namen Tscherwonoarmijsk (Rote-Armee-Stadt) Stadtstatus. Nach dem Überfall auf die UdSSR wurde die Stadt von der Wehrmacht am 30. Juni 1941 erobert und blieb bis 19. März 1944 von deutschen Truppen besetzt. (Die Kämpfe um die Befreiung Tscherwonoarmijsks dauerten vier Monate und zerstörten den Großteil der alten Bausubstanz der Stadt.) Bereits 1942 wurde der Großteil (ca. 3.000 Personen) der jüdischen Bevölkerung der Stadt in dem nahen Ort Porochownja ermordet. Ein Teil der ukrainischen Bevölkerung schloss sich der Ukrainischen Aufstandsarmee (UPA) an. Die meisten polnischen Bewohner der Stadt wurden entweder während des Krieges (durch die UPA) oder auf Grund des Aussiedlungsabkommens zwischen der Volksrepublik Polen und der Sowjetunion nach dem Krieg vertrieben.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde durch den allmählichen Zuzug ukrainischer Bauern aus dem einst jüdisch-polnisch-ukrainischen (bis 1918 durch die zaristischen Verwaltungsbeamte auch russischen) Ort eine beinahe ausschließlich ukrainische Kleinstadt. Nach der 1991 wiedererlangten Unabhängigkeit der Ukraine, kehrt Tscherwonoarmijsk am 3. März 1993 wieder zu seinem historischen Namen zurück. Es wird jedoch auf die vermeintlich ältere Form Radywyliw zurückgegriffen und nicht auf die bis 1939 übliche ukrainische Bezeichnung Radsywyliw.
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