Geschichte
Die fruchtbaren Hänge und Seitentäler des Dilltals wurden schon sehr früh besiedelt. An der Stippbach in Sinn (auf den Grundstücken der Hebamme Auguste Peter, des Oberingenieurs und Prokuristen Karl Köhler und des Landwirts von der Heyde; damals „Untere Kreuzwiesen“, heute „Storchenweg“) wurden Grabungen Anfang der 50er Jahre wissenschaftlich vorgenommen. Gefunden wurden Scherben, Reste von Nutzwerkzeugen, Hausgrundrisse, Feuerstellen und auch ein blauer bearbeiteter, bzw. duchbohrter etwa 15 mm mal 8 mm länglicher Schmuckstein, der vermutlich aus einem Halsschmuck spätrömischer Zeit stammt, wie auch die vorgenannten Funde. Bodenfunde in der Gemarkung Edingen ziehen sich durch alle Epochen und lassen auf eine dauernde Besiedelung seit dem 4. Jahrhundert vor Chr. schließen. Urkunden belegen die Existenz aller drei Teilorte seit dem 13. Jahrhundert.
Edingen und Fleisbach waren von der Landwirtschaft geprägt und bewahrten diese Struktur bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts. Sinn hingegen wurde von der industriellen Revolution in der Mitte des 19. Jahrhunderts erfasst. Begünstigt durch den Bergbau im Sieg-Dill-Gebiet siedelten sich ein Hüttenwerk und in dessen Gefolge Gießereien und metallverarbeitende Betriebe an.
Der alte Friedhof mit seinen Grabsteinen spiegelte die Herkunft der in der Sinner Hüttenindustrie beschäftigten „Alt- und Neu-Sinner“ wider. Mittlerweile gibt es nur noch wenige belassene Gräber auf diesem Friedhof, so die in Sinn verstorbenen Hüttendirektoren bei Haas & Sohn. Der Dr. Otto Haas hatte unter Beisein von anderen Sinnern sein zukünftiges Grab vermessen, indem er sich noch zu Lebzeiten in das frisch ausgehobene Grab legte. Dr. Otto Haas war überhaupt ein Spaßvogel, denn auf dem gefrorenen ersten Stippbachsweiher warf er immer Geldmünzen zwischen die Schlittschuhläufer. Das Gerangel kann sich jeder vorstellen. Unter den vermissten (besser entfernten) Grabsteinen darf der rötliche, naturbelassene Felsstein auf der Grabstätte des Försters Schiebel gelten. Verschwunden sind so auch zwei weiß-schwarz bemalte Holzkreuze, die in der Zeit des Gemeindepfarrers (1930–1950, Mitglied der bekennenden Kirche) und späteren Oberkirchenrats von Hessen und Nassau Hans-Erich Hess (mit „sz“ geschrieben) zur Beerdigung von zwei „Russenmädchen“ während des Krieges dienten. Die alten Sinner werden „die Geschichte“ dieser beiden gut kennen. Sinn war überhaupt ein seltsamer Ort während dieser Kriegszeit, aber auch Vor- und Nachkriegszeit, natürlich dank seiner Industrie. Die politische Extreme kam nie aus den Sinnern heraus, wenn, dann wurde sie von außerhalb Sinns nach Sinn hineingetragen. Deswegen ist der alte Friedhof in Sinn, wenngleich nach dem fast vollständigen Abräumen der Grabsteine, weiter der eigentliche Geschichtskern von Sinn. Auch die alte kleine Fachwerkkirche, die schon seit gut vier Jahrzehnten leer steht und den Weltkriegsgefallenen und -vermissten gilt, ist Teil dieser Geschichte, „entkernt“ von dem „Inventar“ aus calvinistisch-nassauischen Zeiten, war sie immerhin noch bis in die späten 50er Jahre genutzt und ursprünglich belassen. Der Schreiber, der Dekan Blöcher und die Diakon-Witwe Weidenbach waren damals die einzigen Teilnehmer an diesen abendlichen Gottesdiensten.
Während des II. Weltkrieges sind Hunderte von amerikanischen 1- und 2-Zentner Bomben auf die Gemeinde Sinn gefallen, es trafen aber nur 2, die nur begrenzten Schaden anrichteten. Der Rest fiel wegen schlechter Zielabwürfe nicht auf die beabsichtigten Ziele, wie Bahnstrecke Gießen–Köln, Industrie und Wohnbereiche von Sinn, sondern gingen auf der Hörre zwischen Sinn und Edingen nieder, wo die Bombentrichter noch heute, über 60 Jahre nach Kriegsende, gut sichtbar sind. Vorsicht sei angeraten, denn Blindgänger sind mit Sicherheit zwischen und nahe dieser „Bombentrichterlandschaft unter Wald“ nicht auszuschließen. – Doch, wer hatte seine schützenden Hände über Sinn gehalten?
Auch aus der kirchenfremden Sinner Arbeiterschaft waren gebildete, wenig selbstbezogene Persönlichkeiten herangewachsen, wie der spätere Bürgermeister Reucker (Maschinenschlosser bei Haas & Sohn), der Kommunist Schwan, der viele Sinner in den ersten Nachkriegstagen vor Übergriffen schützte, oder auch der Former Reinhold Simon, der den Sinner Wald, die Natur und die Sinner öffentliche Vorkriegs- Kriegs- und Nachkriegszeit besser kannte als andere.
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