Geschichte
Bodenfunde auf dem Gebiet der heutigen Stadt Suhl belegen den Aufenthalt von Menschen schon um 2000 v. Chr. Etwa 500 v. Chr. wurden dann mit der Einwanderung keltischer Volksstämme im Suhler Raum Menschen sesshaft. Angenommen wird, dass ein einzelner Hof in der Gegend der Hauptkirche, am Rimbach gelegen, die erste Ansiedlung war. Die Salzquellen und das vorgefundene Eisenerz dürften der Anlass zur Ansiedlung gewesen sein. Der anfängliche Hof vergrößerte sich zum Dorf und entwickelte sich im Laufe der folgenden Jahrhunderte allmählich zur Stadt.
Unterlagen des Klosters Fulda nennen zwischen 900 und 1155 wiederholt einen Ort „Sulaha“. Seit etwa 1100 gehört das Gebiet den Grafen von Henneberg. Die erste gesicherte urkundliche Erwähnung datiert aus dem Jahr 1318. Die ältesten Eisenhämmer Suhls werden 1363 bis 1365 genannt: der Niederhammer und der Lauterhammer. Damit wird eine vorangehende Tradition des Eisenerzbergbaus belegt, die bis um die Mitte des 13. Jahrhunderts zurückreicht. Bereits aus dem Jahre 1474 sind Berichte von Verhandlungen am Berggericht zu Suhl überliefert.
Anstelle eines früheren Vorgängerbaus wird auf dem Kirchberg, dem ältesten Siedlungszentrum der Stadt, von 1487 bis 1491 die Hauptkirche St. Marien errichtet. Nach Stadtbränden 1590, 1634 und 1753 erfolgt der Wiederaufbau, zuletzt 1761 im Rokoko-Stil.
1527 bestätigen die gefürsteten Grafen von Henneberg-Schleusingen Suhl städtische Rechte und Statuten, die zuvor aber schon bestanden. 1553 wird Suhl als Bergstadt bezeichnet, was der Stadt Rechte und Pflichten als Sitz der Bergverwaltung und der Berggerichtsbarkeit zubilligt. Im gleichen Jahr lassen sich Büchsenschmiede aus Nürnberg und Augsburg nieder, seit 1535 ist Handfeuerwaffenproduktion nachgewiesen.
Eisenerzabbau bildete die Grundlage für die Entwicklung des Rohrschmiede- und Büchsenmacherhandwerks. Die Fertigung von Sicheln und Wagen ist 1155 und von Harnischen,
Panzern und Schwertern im Jahr 1499 nachgewiesen. 1548 bildet sich die Leineweberzunft, 1555 erfolgte die Gründung der Rohr- und Büchsenschmiede-Innung. Graf Georg Ernst von Henneberg erteilt 1563 den „Schlössern, Büchsenmachern, Spohrern und Windenmachern" Innungsprivilegien. Ende des 16. Jahrhundert werden jährlich über 20.000 Gewehrrohre hergestellt.
Im Jahr 1555 wird mit dem Bau der vor den Toren der Stadt gelegenen Gottesackerkirche/Heiligkreuzkapelle begonnen.
Nach dem Tod von Georg Ernst von Henneberg im Jahr 1583 fällt die Stadt als gemeinschaftlicher Besitz an die sächsischen Wettiner. Für das Jahr 1590 ist der erste große Stadtbrand bezeugt. Kaiserliche kroatische Truppen unter Feldmarschall Graf Johann Ludwig Hektor von Isolani plündern und zerstören Suhl 1634 im Dreißigjährigen Krieg. Suhl erscheint den Kriegsparteien immer wieder als lohnendes Ziel. Die Eisen- und Waffenproduktion gerät in eine Krise. Der Bergbau kann sich seitdem nicht wieder erholen.
Seit Mitte des 17. Jahrhunderts ist in Suhl Orgelbau ansässig. Caspar Lehmann, auch Kaspar Lochmann genannt, unterhält mit Johann Heinrich Mann eine in Südthüringen anerkannte Orgelbaufirma. Bezeugt sind Suhler Instrumente u. a. in Steinbach (Steinbach-Hallenberg), Ohrdruf und Rohr.
1660 wird Suhl nach dem sächsischen Teilungsvertrag albertinisch und fällt als Sitz des Amtes Suhl an das Herzogtum Sachsen-Zeitz.
In den 1690er Jahren bemüht sich Herzog Moritz Wilhelm von Sachsen-Zeitz um Belebung des Bergbaus. Nach einem Gutachten von J. M. Paräus, Bergdirektor, wird ein Konzept erarbeitet, in dessen Folge ein Hochofen in Suhl errichtet und zahlreiche Bergwerke wieder oder neu aufgenommen werden - teils mit modernster Bergtechnik wie beispielsweise einer Wasserkunst (1696 am Schacht Moritz Wilhelm).
Im Jahr 1713 weiht Johann Sebastian Bach die neue Orgel in der Hauptkirche St. Marien ein. Bach ist der Stadt verbunden, weil ein Teil der verzweigten Bach-Familie seine musikalische Ausbildung beim Suhler Stadtmusikus und Stadtpfeiffer Johannes Christoph Hoffmann sen. erhalten hat, so Johann Bach (1604-1673), der Großonkel, und Christoph Bach (1613-1661), der Großvater von Johann Sebastian Bach, weiterhin Heinrich Bach (1615-1692) und Johannes Bach (1604-1673). Georg Christoph Bach (1642-1697) war von 1661 bis 1668 Kantor und Schulmeister in Heinrichs bei Suhl. Auch in späteren Jahren galt Suhl als gute Adresse für die musikalische Ausbildung. Der Komponist Johann Peter Kellner (1705-1772) lernte hier Komposition und Satztechnik bei Hieronymus Florentinus Quehl. Kellner wiederum war Lehrer des in Suhl geborenen Komponisten und Organisten Johann Ernst Rembt (1749-1810). Ihre Ausbildung erhielten auch Johann Friedrich Kessel, von 1756 bis 1798 Domkantor in Freiberg (Sachsen) und Johann Friedrich Fasch (1688-1755), dessen Vater in Suhl Kantor und Rektor der Lateinschule war.
Nach Erlöschen der Linie Sachsen-Zeitz gelangt Suhl 1718 zu Kursachsen. Neben der gotischen Heiligkreuzkapelle/Gottesackerkirche entsteht von 1731 bis 1739 „vor den Toren der Stadt“ die barocke Kreuzkirche. Vom letzten großen Stadtbrand 1753 werden lediglich das Gebäudeensemble um das einstige Malzhaus (heute Waffenmuseum) und die Kreuzkirche verschont.
1746 liegt der Bergbau völlig darnieder, so dass die Gewehrfabrik wegen Mangels an Eisenerz in ihrer Existenz bedroht ist. Die einführbaren Erze aus Schmalkalden oder Saalfeld sind entweder zu minderwertig oder zu teuer. In Suhl werden nur noch zwei Bergwerke betrieben: Segen Gottes und der Rote Crux. Der Rat zu Suhl ersucht die Regierung in Schleusingen um Steuerbegünstigungen und Holzzuteilungen für die „Aufnehmung eines dasigen Gebürges auf Eisen-Stein“ am Ringberg. Die Verhandlungen ziehen sich über zehn Jahre erfolglos hin.
1765 entsendet Kursachsen die Bergoffizianten Wilhelm Gottlob Gläser und seinen Sohn Friedrich Gottlob Gläser zur Übernahme des Bergamtes in Suhl, um die seit den 1740er Jahren herrschenden Missstände zu beseitigen. Unterstützt vom Know-how der Gläsers und motiviert von den geordneten Verhältnissen finden sich etliche Bergbauwillige, Knappen und Gewerkschaften. Es kommt zur Aufnahme Dutzender Bergwerke. Das „Hennebergische Bergfieber“ bricht aus, hält aber nur einige Jahre an. Schon 1775 haben mehr als die Hälfte der neuen Bergwerke ihren Betrieb wieder eingestellt.
1780 sucht Johann Wolfgang von Goethe gemeinsam mit dem Geologen und Bergrat Johann Karl Wilhelm Voigt für die Wiederbelebung des Bergbaus in Ilmenau Anregungen in den Suhl-Goldlauterer Bergwerken.
1803 wird in Suhl die erste mechanische Druckmaschine durch Friedrich Koenig konstruiert. Nach seiner Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig soll Napoleon I. im Lauterer Wirtshaus übernachtet haben.
Nach dem Wiener Kongress fällt Suhl 1815 wie der gesamte sächsische Anteil an der ehemaligen Grafschaft Henneberg an das Königreich Preußen. Das Amt Suhl wird 1821 endgültig aufgelöst und ist bis 1945 Bestandteil des Kreises Schleusingen im Regierungsbezirk Erfurt in der preußischen Provinz Sachsen, wobei ab 1. Juli 1929 das Landratsamt von Schleusingen nach Suhl verlegt wird.
Zwar bestehen Anfang des 19. Jahrhunderts noch einige wenige Bergwerke in Suhl, doch dies genügt nicht, das Bergamt in Suhl zu erhalten. 1838 wird es nach Kamsdorf bei Saalfeld verlegt.
Mit der Industrialisierung des Büchsenmacherhandwerks im 19. Jahrhundert entwickeln sich bedeutende Waffenfabriken wie die Firmen J.P. Sauer & Sohn, C.G. Haenel und Simson & Co. 1840 eröffnet in Suhl eine Lehranstalt für Militärbüchsenmacher.
In den 1840er und 1850er Jahren werden im Zuge erster Bemühungen um die Bahnerschließung im Norden Franken durch Joseph Meyer und später den Hennebergischen Glashüttenverein (Hennebergia AG) auch in Suhl etliche Eisenerzgruben gemutet und teilweise mit guter Ausbeute betrieben, doch sind die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betreiber nicht dauerhaft günstig.
1861 beginnt eine bedeutende Porzellanindustrieproduktion. In den drei 1861, 1868 und 1882 in Suhl und Mäbendorf gegründeten Fabriken waren zeitweise über 1.000 Arbeiter beschäftigt. In den ersten Jahren stellte man gebranntes Porzellan und später Zierporzellan her. Um 1930 wurde die Porzellanherstellung eingestellt.
1882 erhält Suhl nach Süden Anschluss an das deutsche Eisenbahnnetz, nach Fertigstellung des Brandleitetunnels 1884 auch nach Norden. 1893 wird in Suhl eine Beschussanstalt eröffnet, die erste und damit älteste in Deutschland. Bereits 1896 wird in den Simson-Werken die Produktion von Fahrrädern aufgenommen. 1906 markiert den Beginn der Auto-Produktion in Suhl. Rennwagen und Luxuswagen der Simson-Werke erhalten, wie der Simson Supra, schnell einen hervorragenden Ruf.
Während des Kapp-Putsches wird Suhl von Truppen besetzt. An die Vertreibung der Milizen durch Arbeiterwehren erinnert heute die Inschrift am Rathaus „Im grünen Wald die rote Stadt, die ein zerschossen' Rathaus hatt“. In den 1920er und 1930er Jahren wird die Reichswehr mit Suhler Waffen ausgerüstet.
Mit Beginn der Zeit des Nationalsozialismus wird die Verfolgung politischer Gegner und unerwünschter Bevölkerungsteile erwidert durch die Bildung von Widerstandsgruppen: seit 1933 die sozialdemokratisch geprägte Domberg-Runde, die kommunistische Regenberg-Gemeinde und seit 1936 die Friedberg-Gruppe. 1935 erfolgt die Arisierung jüdischen Besitzes. Davon betroffen sind u. a. das Kaufhaus am Markt (zur DDR-Zeit: Konsum-Kaufhaus) und die Simson-Werke, die zunächst in die Wilhelm-Gustloff-Stiftung überführt werden. Die Suhler Synagoge in der früheren Hohenlohestraße (jetzt Straße der Opfer des Faschismus), von 1904 bis 1906 erbaut, fällt 1938 den Novemberpogromen zum Opfer. An die Zerstörung erinnert seit November 1985 ein Gedenkstein. 1940 eröffnet eine Fliegerschule, in deren Gebäuden von 1951 bis 1989 die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit residiert. Wie in den meisten deutschen Städten wird im Zweiten Weltkrieg die Industrie vollständig auf Waffen- und Kriegsproduktion umgestellt, auf 20.000 Einwohner kommen ca. 10.000 Zwangsarbeiter. Hergestellt werden in hohen Stückzahlen Maschinenpistolen und Maschinengewehre sowie auch Messleiteinrichtungen für die V-Waffen-Produktion. Von größeren Luftangriffen bleibt Suhl verschont, da die in der Stadt vorhandenen Produktionsstätten für Kriegswaffen von den Alliierten als unbedeutend eingestuft wurden. Da sich versprengte SS-Einheiten den US-Truppen nicht kampflos ergeben, kommt es in der Stadt Anfang April 1945 zu Kriegsschäden.
Am 3. April 1945 besetzen Einheiten der 3. US-Panzerdivision unter Befehl des Generals George S. Patton die Stadt. Mit Auflösung der preußischen Bezirksregierung in Erfurt wird Suhl zum 1. Juli 1945 dem Land Thüringen zugeordnet. Am 3. Juli 1945 übernehmen Einheiten der sowjetischen Armee aufgrund des 1. Londoner Zonenprotokolls von 1944 und den Beschlüssen der Konferenz von Jalta die Stadt. Suhl wird damit Teil der Sowjetischen Besatzungszone. 1947 werden wichtige Werke der Rüstungsindustrie gesprengt (u. a. Krieghoff) oder als Reparation in die Sowjetunion deportiert (wie die Simson-Werke). Bereits im Jahr zuvor waren wichtige Experten und Facharbeiter wie der Konstrukteur Hugo Schmeisser (MP18, Sturmgewehr 44) in die Sowjetunion verbracht worden.
Mit Aufnahme der Motorradproduktion (AWO 425) in den Simson-Werken erfährt die Fahrzeugherstellung 1950 eine Wiederbelebung. Die Simson-Werke produzierten zunächst als SMAD-Betrieb unter sowjetischer Führung, firmieren ab 1952 als Fahrzeug- und Gerätewerk Simson Suhl, ab 1968 als Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk „Ernst Thälmann“ und werden später dem IFA-Kombinat zugeschlagen.
1952 wird Suhl nach Auflösung der Länder in der DDR Bezirkshauptstadt und bleibt es bis zur Wiedervereinigung 1990. Der historisch gewachsene Stadtkern wird zu großen Teilen abgebrochen und unter Federführung der Bauakademie der DDR unter Hermann Henselmann sozialistisch umgestaltet. Es entsteht ein neues Stadtzentrum mit Kulturhaus, Stadthalle, Hochhäusern, Schnellstraße, Centrum Warenhaus und Verwaltungsgebäuden. 1953 erfolgt die Gründung der Suhler Philharmonie.
Seit dem 12. Mai 1967 ist Suhl kreisfreie Stadt.
1972 wird in Suhl-Goldlauter ein Sportflugplatz eingeweiht, im gleichen Jahr findet der erste Großflugtag statt. 1978 lenkt die Stadt als Austragungsort der Europameisterschaften im Sportschießen internationale Aufmerksamkeit auf sich. 1982 eröffnet auf dem Suhler Friedberg eine Offiziershochschule der DDR-Grenztruppen (nach 1990 Gewerbepark und Teil der Technische Universität Ilmenau). 1986 ist Suhl Austragungsort der 8. Europameisterschaften im Volleyball und der 44. Weltmeisterschaften im Sportschießen.
Ab September 1989 versammelten sich von Woche zu Woche mehr Menschen in Kreuzkirche und Marienkirche und forderten demokratische Rechte und Freiheiten. Die erste Großdemonstration am 4. November 1989 war ein Meilenstein des demokratischen Umbruchs in Suhl. Seit 1990 gehört Suhl zum wieder gegründeten Freistaat Thüringen. Die Wende führt zu Umstrukturierung der Wirtschaft, Arbeitslosigkeit, Abwanderung und Bevölkerungsschwund.
1992 eröffnete eine Berufsfachschule für Büchsenmacher, der einzigen Schule dieser Art in Deutschland. Seit 1998 erfolgt hier auch die Ausbildung von Graveuren. Im Jahr 1995 wird nach der Rekonstruktion der ehemaligen Stadthalle das Congress Centrum Suhl (CCS) eröffnet. Mit dem bis zu 5000 Besucher fassenden großen Saal bereichert das CCS das Kulturangebot in Suhl und Südthüringen mit einer reichhaltigen Veranstaltungspalette.
1996 öffnet im ehemaligen Simson-Werk ein Fahrzeugmuseum seine Pforten. Das Suhler Fahrzeugmuseum, das die über 100jährige Tradition des Fahrzeugbaus in Suhl widerspiegelt, befindet sich seit 2007 im Congress Centrum Suhl.
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