Geschichte
Die Wiener Vorstadt Weißgerber blickt auf eine wesentlich jüngere Geschichte zurück als die umliegenden Vororte. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Ort als „Unter den Weißgerbern“ im 16. Jahrhundert. Er entstand im überschwemmungsgefährdeten Rückstaugebiet des Wienflusses und beherbergte Flecksieder, Rot- und Weißgerber. Diese mussten sich außerhalb der Stadt Wien ansiedeln, da ihr Handwerk mit einer starken Geruchsbelästigung verbunden war. Bis zum Jahr 1693 gehörte der Ort dem jeweiligen Landesfürsten, danach kam sie an den Wiener Magistrat. Bis ins 19. Jahrhundert entwickelte sich Weißgerber planlos auf gärtnerisch genützten Gründen und zählte zu Beginn des 19. Jahrhunderts 2.300 Einwohner in 108 Häusern.
Über die Jahrhunderte machte der Ort nur wenig von sich reden, jedoch beherbergte er zwei wichtige Schauplätze. Auf der Gänseweide am Rand der Ortschaft fanden zwischen dem 14. und dem 18. Jahrhundert Hinrichtungen statt. Die Gänseweide war aber auch der Ort eines grausamen Judenpogroms, der so genannten Wiener Gesera. Herzog Albrecht V. vertrieb 1421 die Angehörigen der jüdischen Gemeinde Wiens. Während den ärmeren Juden die Ausreise gestattet wurde, zwang man die Vermögenden unter Anwendung der Folter zur Preisgabe ihres Vermögens. Die überlebenden 90 Männer und 120 Frauen wurden am 12. März 1421 auf der Gänseweide öffentlich verbrannt. Auch die einzige Hexenverbrennung in der Geschichte Wiens, die Hinrichtung der Elisabeth Plainacher, fand dort am 27. September 1583 statt.
Ein zweiter wichtiger Ort in Weißgerber war das dreistöckige, hölzerne Hetztheater, dessen Bau 1755 erlaubt wurde. In dem Theater, das 3.000 Besucher beherbergen konnte, wurden Löwen, Tiger, Bären, Wölfe und Wildschweine von Hunden oder Menschen zu Tode gejagt. Nach einem Brand 1796 wurde der Wiederaufbau untersagt. Die Wiener Redensart „Des woar a Hetz!“ („Das war lustig!“) erinnert noch heute an das Theater.
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