Geschichte
Als Provinz Belgica, schon im römischen Reich unter diesem Namen bekannt, erlebte das heutige Gebiet Belgien viele Herrschaften. Es war im Mittelalter Teil des fränkischen Reiches und wurde bei dessen Teilung ebenfalls geteilt; es war überwiegend Bestandteil des Heiligen Römischen Reiches und zerfiel in einzelne Herzogtümer und Grafschaften. Die einzelnen Territorien wurden später vom Haus Burgund regiert, das 1477 von den Habsburgern beerbt wurde. Zunächst regierte der spanische Zweig der Habsburger, danach der österreichische. 1815, auf dem Wiener Kongress, wurde Belgien den Niederlanden zugesprochen.
1830 kam es zur belgischen Revolution, in deren Folge Belgien unabhängig wurde. Es wurde eine parlamentarische Monarchie errichtet und Leopold von Sachsen-Coburg zum ersten König der Belgier ernannt. Leopold II., Sohn des ersten Königs, erwarb den Kongo in Afrika als Privatbesitz. Nachdem die brutalen Exzesse bei der wirtschaftlichen Ausbeutung des Kongo international bekannt geworden waren, musste Leopold das Gebiet 1908 als Kolonie an den belgischen Staat abtreten. 1960 wurde die Kolonie Kongo unabhängig.
Im Ersten Weltkrieg wurde das neutrale Belgien entsprechend dem Schlieffen-Plan in die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Deutschen Kaiserreich und Frankreich als Durchgangsland einbezogen und von der kaiserlichen deutschen Armee daher fast gänzlich eingenommen. Dabei kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Besatzungstruppen und der einheimischen französischsprachigen Bevölkerung (Wallonen), die sich mit Frankreich verbunden fühlte. Auf den Partisanenkrieg der Wallonen reagierte das deutsche Militär mit Vergeltungsschlägen in Form von Erschießungen, Bränden und Geiselnahmen (siehe Francs-tireurs). In Dinant und mehreren anderen belgischen Städten kam es zu regelrechten Massakern an der Zivilbevölkerung. Im Verlauf des Stellungskrieges wurden außerdem viele Städte in Flandern zerstört. Als in Deutschland die Arbeitskräfte knapp wurden, mussten Zehntausende belgische Zivilisten - Flamen wie Wallonen - Zwangsarbeit für das deutsche Militär und die deutsche Rüstungsindustrie leisten.
Nach dem Krieg annektierte Belgien die mehrheitlich von Deutschen bewohnten Gebiete der Region um Eupen und Malmedy; die weiteren eingeforderten Gebiete bis zum Rhein hin wurden dem Staat allerdings nicht übertragen; die vertraglich vereinbarte Volksabstimmung in Eupen-Malmedy wurde vom belgischen Staat unter äußerst undemokratischen Bedingungen durchgeführt, da man mit einer Abstimmungsniederlage rechnete. Belgien beteiligte sich später auch an der Ruhrbesetzung.
Im Zweiten Weltkrieg verhielt sich das Land anfangs neutral, wurde aber wieder als Durchgangsland nach Frankreich besetzt, verlor seine v.g. annektierten Gebiete wieder und gelangte in den Einflussbereich der Hitler-Diktatur im Deutschen Reich. Teile der Bevölkerung, wie Sinti, Roma und Jenische wurden in die KZ deportiert. Bis zur Befreiung durch die Westalliierten hatte es – wie halb Europa – unter der Willkürherrschaft des Diktators Hitler und die jüdische Bevölkerung unter ihrer Verfolgung zu leiden; Städte und Landschaften blieben aber weitgehend von Kriegszerstörungen verschont. Lediglich im Osten des Landes, vor allem um Sankt Vith und Bastogne, kam es zu schweren Zerstörungen infolge der Ardennenoffensive im Winter 1944/45.
Die bereits seit 1944 geplante Zoll- und Wirtschaftseinheit von Belgien, den Niederlanden und Luxemburg wurde im Haager Vertrag am 3. Februar 1958 vereinbart und ist am 1. November 1960 in Kraft getreten (Benelux-Staaten). Belgien gehört mit zu den Gründerstaaten der EWG und spielt seither eine wichtige Rolle im europäischen Einigungsprozess. Das Land wurde Sitz internationaler Organisationen, wie der NATO und der Europäischen Union.
Die Innenpolitik seit dem Zweiten Weltkrieg wurde von einer Föderalisierung geprägt, die insbesondere sezessionistische Tendenzen der verschiedenen Sprachräume abmildern soll. Zeitweise gewannen die jeweiligen auf eine Unabhängigkeit der Landesteile zielenden Parteien große Wähleranteile für sich.
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