Flagge von Liechtenstein

Liechtenstein

Hauptstadt
Vaduz
 
Fläche
160 km²
 
Bevölkerung
35.000
 
pro km²
219 Einwohner
 
BIP/Einwohner
US-$
 

Datum & Zeit
18.04.2024
19:07
 
 
+
»
 

Wirtschaft

Der grösste Teil des liechtensteinischen Bruttoinlandsprodukts wird in der Industrie erwirtschaftet, die sich insbesondere auf die Erzeugung hochwertiger Spezialprodukte konzentriert. Haupthandelspartner sind die USA, gefolgt von der EU und der Schweiz. Des Weiteren ist der Finanzsektor von Bedeutung. Mit der industriellen Entwicklung etablierte sich in Liechtenstein auch ein starkes Bankenwesen, das bei den Justizbehörden der Hochsteuerländer der Europäischen Union im Ruf steht, in erster Linie der Steuerflucht zu dienen.

Die grössten Banken sind die LGT Bank, die Liechtensteinische Landesbank und die Verwaltungs- und Privatbank. Seit 1992 wurden neben den drei grossen Banken auch weitere Geldinstitute zugelassen, darunter - seit Liechtensteins Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum - auch Niederlassungen ausländischer Banken. Heute beschäftigen die fünf grössten Banken Liechtensteins rund 1400 Angestellte und weisen zusammen eine Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Franken auf. In Liechtenstein gilt das Bankgeheimnis. Die Beaufsichtigung des Finanzsektors erfolgt durch die FMA Finanzmarktaufsicht Liechtenstein.

Der Finanzplatz Liechtenstein wird allerdings in erster Linie mit dem sog. Treuhandwesen assoziiert. Um die schwerwiegende Wirtschaftskrise der 1920er Jahre zu überwinden, wurde ein äusserst liberales Gesellschaftsrecht geschaffen, dazu gehören Stiftungen, die es erlauben, ein Vermögen von seinem tatsächlichen Eigentümer zu trennen und somit zu anonymisieren. Im Gegensatz zu den Stiftungen der meisten Länder kann die liechtensteinische Stiftung vom Stifter jederzeit wieder aufgelöst werden, was im Ausland als im Widerspruch zum Wesen einer Stiftung häufig kritisiert wird. Aufgrund ihrer Diskretion waren liechtensteinische Stiftungen in der Vergangenheit des Öfteren in Skandale verwickelt. Der grösste dürfte der Fall Texon 1977 gewesen sein, in dessen Folge 1981 die Stiftungs-Gesetzgebung verschärft wurde. Seither dürfen Stiftungen nicht mehr wirtschaftlich tätig sein, und der Stiftungsrat muss von besonders qualifizierten und erfahrenen Personen, de facto konzessionierten liechtensteinischen Treuhändern, besetzt sein. Nach wie vor werden jedoch Stiftungen wie auch die sogenannten Sitzgesellschaften ohne eigenen Geschäftsbetrieb im Fürstentum in der Regel lediglich mit einer jährlichen Pauschale von 1000 CHF besteuert.

Neben den Stiftungen gibt es auch andere Formen von Sitzgesellschaften: die Aktiengesellschaft, der ursprünglich aus dem angelsächsischen Raum stammende Trust, aber auch die privatrechtliche Anstalt, die ursprünglich wesentlich bedeutender gewesen ist als die Stiftung. Statt von Sitzgesellschaften spricht man auch von Sitzunternehmen: Sie haben im Fürstentum Liechtenstein nur ihren Sitz, dürfen dort aber nicht wirtschaftlich tätig werden. Die Hauptaufgabe dieser Sitzunternehmen besteht darin, Beteiligungen und Vermögenswerte ausländischer Herkunft auf steuergünstige Art und Weise zu verwalten. Schon 1921 wurden Steuererleichterungen für Sitzunternehmen eingeführt. Flankiert wurden diese Steuerprivilegien durch ein liberales Handelsrecht, das so genannte Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR). Mit dem PGR stellte Liechtenstein den ausländischen Anlegern seit 1926 eine ganze Palette von juristischen Personen zur Verfügung, aus der diese das für ihre Zwecke geeignete Anlagevehikel heraussuchen konnten. Attraktiv wurden liechtensteinische Sitzunternehmen auch durch die Verbindung des Landes mit der Schweiz (Zollvertrag von 1924 und Schweizer Franken, der seit dem Ersten Weltkrieg auch in Liechtenstein gilt). Weil der Schweizer Franken nicht durch Kriegsausgaben zerrüttet war (wie zum Beispiel die deutsche Goldmark oder die österreichische Krone), galt er als sicherer Hafen. Mit dem anlegerfreundlichen PGR und der einladenden Steuergesetzgebung waren die Fundamente für das Treuhand- oder Gesellschaftswesen gelegt. Die nun nach Liechtenstein strömenden Kapitalien wurden fast nie im Land selbst angelegt, sondern dort lediglich treuhänderisch verwaltet. Meistens brachte man das Geld bei ausländischen Banken unter. Noch heute leben das liechtensteinische Treuhandwesen und die Schweizer (Gross-)Banken in einer symbiotischen Beziehung: Die Banken vermitteln die Kunden und vermehren deren Vermögen, während Vaduz die dafür optimalen Sitzstrukturen zur Verfügung stellt. Liechtenstein ist deshalb auch kein eigentlicher Finanzplatz, sondern eher eine Finanzdrehscheibe, ein verlängerter Arm des Finanzplatzes Schweiz oder die attraktive Aussenstelle Zürichs.

Die Zahl der liechtensteinischen Sitzunternehmen erhöhte sich zuerst langsam, um nach der Einführung des PGR auf etwa tausend hochzuschnellen. Die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre und die ihr folgenden Autarkiebestrebungen der europäischen Nationalstaaten liessen den Zustrom versiegen. Nach dem Zweiten Weltkreig wuchs die Zahl der Sitzunternehmen von 1000 (1945) auf 10'000 (1963), 53'000 (1983) und 84'000 (2000). Die Gründe für diese explosionsartige Entwicklung waren vielfältig: die wirtschaftliche Erholung nach dem Zweiten Weltkrieg, die Entstehung grosser, international mobiler Vermögen, der Abbau von Devisenkontrollen, die Erhöhung des Steuerdrucks in den Staaten ringsum (in erster Linie in Deutschland, Italien und Frankreich), die Anziehungskraft des harten Schweizer Frankens, die attraktiven Konditionen der liechtensteinischen Anbieter, aber auch technische Erleichterungen im Finanzverkehr wie Telefax oder die elektronische Zahlungsabwicklung.

Das liechtensteinische Bankwesen entstand weitgehend aus dem Gesellschaftswesen heraus: Statt die ausländischen Gelder nur juristisch zu betreuen, legte man sie immer mehr auch selbst an und gründete dafür eigene Banken. Seit der Mitte der 1990er Jahre entwickelt sich der Finanzplatz Liechtenstein weiter: Zu den reinen Treuhandunternehmen gesellten sich Versicherungs- und Fondsanbieter. Für den Haushalt des Staates Liechtenstein spielte das Gesellschaftswesen schon früh eine wichtige Rolle, namentlich durch die so genannte Gesellschaftssteuer. Diese war zwar für das einzelne Sitzunternehmen (also für den Anleger aus dem Ausland) niedrig, sie trug dem Staat wegen der schieren Zahl dieser Sitzunternehmen aber gleichwohl sehr viel ein. In den 1930er Jahren sowie seit den späten 1950er Jahren erbrachte (und erbringt) das Gesellschaftswesen etwa einen Drittel bis die Hälfte der gesamten Steuereinnahmen des Fürstentums.

Im Industriesektor sind die bekanntesten Unternehmen die Hilti AG (Bohrtechnik, Bauausrüstungen), Ivoclar Vivadent AG (Zahntechnik), ThyssenKrupp Presta AG (Automobilzulieferer), Hoval AG (Heiz- und Lüftungsgeräte), die Ospelt-Gruppe (Lebensmittel) und die Hilcona AG (Lebensmittel), Neutrik AG (Elektrotechnik), PAV Präzisions- Apparatebau Vaduz (PAV) sowie die OC Oerlikon Balzers AG in Balzers (Elektronikbereich).

Die Liechtensteinische Landesbank besitzt zwar das Recht, eine eigene Währung auszugeben, wendet dieses aber nicht an. Der Schweizer Franken ist die offizielle liechtensteinische Währung. Gelegentlich prägt Liechtenstein auch eigene Münzen (ausschliesslich zu besonderen Zwecken). In den meisten Geschäften und Restaurants werden auch Euro angenommen.

Das BIP betrug 2005 4'555.3 Mio Schweizer Franken. Das sind pro Kopf rund 130'000 Franken.

Um eine neuerliche Zollgrenze am Rhein zu vermeiden, musste Liechtenstein trotz seiner hervorragenden Haushaltslage wie bereits zuvor die Warenumsatzsteuer (WUSt) notgedrungen per 1. Januar 1995 auch die schweizerische Mehrwertsteuer (MwSt) übernehmen. Deren Normalsatz beträgt 7.6 %, für Hotels gilt ein Sondersatz von 3.6 % und für Lebensmittel, Bücher und Blumen u.a. ein ermässigter Satz von 2.4 %. Hierbei tauchte das Problem auf, dass die Eidgenössische Steuerverwaltung auf diese Weise Einblick in die Umsätze der zahlreichen liechtensteinischen Treuhandgesellschaften erhalten hätte, was mit dem im Fürstentum starken Steuergeheimnis nicht vereinbar gewesen wäre. Aus diesem Grund war das Land gezwungen, eine eigene MwSt-Verwaltung aufzubauen.

Im Februar 2008 betrifft ein weiterer Steuerskandal den Finanzplatz Liechtenstein. Schätzungen zufolge sollen allein aus Deutschland etwa 300 Millionen Euro bei der LGT Bank (die Wealth & Asset Management Gruppe des Fürstenhauses von Liechtenstein) heimlich angelegt worden sein. Andere Quellen sprechen von 4 Milliarden Euro.

Basierend auf dem Artikel Liechtenstein der freien Enzyklopädie Wikipedia unter der GNU Free Documentation License.
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