Flagge von Italien

Italien

Hauptstadt
Rom
 
Fläche
301.336 km²
 
Bevölkerung
58.140.000
 
pro km²
193 Einwohner
 
BIP/Einwohner
US-$
 

Datum & Zeit
19.05.2024
23:15
 
 
+
»
 

Geschichte

Zu den frühen Siedlern auf den Inseln der Lagune, deren Spuren sich bis in etruskische Zeit zurückverfolgen lassen, kamen während der Völkerwanderung Flüchtlinge aus Oberitalien. Die im Jahr 452 vor den Hunnen Flüchtenden sollen sich mit der Losung Veni etiam (etwa: „Auch ich bin (hierher) gekommen“) gegrüßt haben. Aus dieser Losung sei, so die Volksetymologie, der Name Venedig entstanden. Tatsächlich waren aber die hier ansässigen Veneter Namensgeber der Siedlung Venetia.

Die Orte in der Lagune blieben, auch als das Festland an Langobarden und Franken fiel, der westlichste Außenposten des Byzantinischen Reichs. Sie entwickelten eine eigene, einfache Herrschaftsstruktur mit einem Dogen an der Spitze. Der erste Dogensitz befand sich dabei in Malamocco auf dem Lido. 811 wurde er nach Rialto verlegt. Der Name Rialto bedeutet „hohes Ufer“ (rivo alto), was wohl darauf zurückgeht, dass Rialto vor dem Anstieg des Meeresspiegels am Ostrand des Festlands lag.

Diese Verlagerung der Residenz fiel in eine Zeit, als sich Byzanz und das Frankenreich unter Karl dem Großen um die rechtmäßige Nachfolge der römischen Kaiser stritten. Dabei führten die politischen Gegensätze zwischen pro-byzantinischen und pro-fränkischen Fraktionen zu Unruhen, die mehrere Dogen das Leben kosteten. Zugleich strebten die mächtigsten Familien die Alleinherrschaft mit Hilfe des Dogenamts an, wogegen sich die übrigen Clans verbündeten. Letztere setzten sich letztlich durch und erzwangen die Einbindung der Dogenmacht in ein System kontrollierender Ratsgremien, wie des Kleinen und des Großen Rates. Sie verhinderten eine Dynastiebildung und sorgten schließlich für eine Abriegelung gegen neu aufsteigende Familien (ab 1297). Dabei waren Überwachungsgremien mit fast unbeschränkter Vollmacht, wie der Rat der Zehn (ab 1310), von erheblicher Bedeutung. Die mächtigsten Clans beherrschten schließlich die Politik und den Fernhandel bis 1797.

Dieses Lavieren zwischen den Großmächten verschaffte Venedig günstige Handelsverträge, die ihm fast eine Monopolstellung im Handel zwischen Westeuropa und Byzanz eintrugen. Zugleich baute es schon früh seine Beziehungen zu den muslimischen Herrschern aus.

828 wurden die Gebeine des Evangelisten Markus von Alexandria nach Venedig gebracht. Zu Ehren des Apostels veranlasste der Doge den Bau des Markusdoms, der seinen Anfang als Holzkirche nahm. Die Identität stiftende, Prestige verleihende und Machtausübung legitimierende Bedeutung dieser von der Gesamtchristenheit hochgeschätzten Reliquien kann kaum überschätzt werden. Die beiden Säulen auf der Piazzetta, tragen heute noch die Figur des Hl. Theodor und den geflügelten Löwen, das Attribut des Apostels Markus, der Theodor bald als Schutzpatron verdrängte. Das Symbol des Markus wurde zum Wappen und Hoheitszeichen Venedigs, allgegenwärtig sowohl in der Stadt wie in allen einst von Venedig beherrschten Gebieten. Als San Marco 976 niederbrannte, wurde der heutige Markusdom erbaut (976 bis 1094).

Venedigs Handelsimperium breitete sich zunächst an der dalmatinischen Küste aus. Wie Genua und Pisa profitierte die Stadt auch von den Kreuzzügen. Eine weitere Quelle für den Reichtum der Lagunenstadt war die Gewinnung von Salz, das von größter Bedeutung für die Konservierung von Fleisch und Fisch war. Außerdem schaltete sich Venedig in den Import des Grundnahrungsmittels Getreide ein, so dass die Versorgung Oberitaliens bis in die Frühe Neuzeit von ihren Vorratsspeichern abhing – ein handfestes und häufig genutztes Mittel politischer Erpressung.Wichtige Waren und Luxusgüter aus Asien und Afrika wie Seide, Pelze, Elfenbein, Gewürze, Färbemittel und Parfüme wurden über die levantinischen und nordafrikanischen Häfen umgeschlagen. Über Venedig wurde im Gegenzug der Handel mit Waren aus West- und Nordeuropa abgewickelt – wie Gold, Silber, Bernstein, Wolle, Holz, Zinn und Eisen, aber auch geschliffene Juwelen, Glaswaren und Arzneimittel.

Zur Sicherung des Seehandels baute Venedig seit 1104 eine Schiffswerft, das Arsenal, das mehrmals erweitert wurde. Die hier gebauten Flotten begleiteten die regelmäßigen Kauffahrerkonvois und waren zugleich ein geeignetes Mittel, die Piraterie einzudämmen.

Im Verlauf der ersten Kreuzzüge und bedingt durch seine Handelsprivilegien nahmen die Feindseligkeiten zwischen Venezianern und Byzantinern in Konstantinopel jedoch zu, bis die Venezianer 1171 die Hauptstadt verlassen mussten. Den Vierten Kreuzzug dirigierte der Doge Enrico Dandolo nach Konstantinopel um, das erobert und geplündert wurde. Zahllose Kunstschätze gelangten von Byzanz in den Westen, so auch die bronzene Quadriga der Markuskirche. Aus diesem „Coup“ folgte allerdings auch ein endloser Konflikt mit Genua, der Ursache für vier verheerende Kriege war.

Seit dem Fall von Konstantinopel 1453 musste Venedig seine Positionen im östlichen Mittelmeer nach und nach den Osmanen überlassen. Seine Bedeutung nahm auch in Folge der Verlagerung des Welthandelsverkehrs auf den Atlantik immer mehr ab. Das Monopol Venedigs auf den Gewürzhandel mit den Gebieten der Levante ging im Lauf des 17. Jahrhunderts endgültig verloren.
Als Wendepunkt gilt die Seeschlacht von Lepanto, in der es Venedig letztmalig gelang, zwischen den Weltmächten der Spanier und Osmanen eine entscheidende Rolle zu spielen. Nach Zypern (1571) gingen nach und nach weitere Kolonien verloren.

Venedig hatte – vor allem ab 1405 – nach und nach das Festland, die so genannte Terraferma erobert, und herrschte am Ende des 15. Jahrhunderts über das heutige Venetien, über Friaul und einen großen Teil der Lombardei. Gründe für die Machtausdehnung auf das Festland waren die Konkurrenz der Osmanen, die wachsende Bedeutung der Handelswege durch die Po-Ebene und über die Alpen nach Mittel- und Nordeuropa sowie die Möglichkeit der Agrarproduktion auf den dortigen Landgütern.

Die Republik setzte in der Außenpolitik auf Diplomatie und ein effizientes Informationssystem. Pragmatismus, präzise Rechenhaftigkeit und Rationalität waren in der Regel Grundlagen politischen Handelns. Aus den ideologischen und religiösen Streitigkeiten hielt man sich möglichst heraus. Venedig hatte weder gravierende Probleme mit den Muslimen noch mit den Juden, man wusste sich vielmehr ihres Nutzens zu versichern. Probleme gab es allenfalls mit Rom, und zwar nicht aus religiösen Gründen, sondern wegen der politischer Vormachtbestrebungen und der Territorialpolitk der Kurie.

Keine zweite Stadt Europas hat ihre ständische Ordnung so entschieden zur Arbeitsteilung genutzt wie Venedig. Der Adel besorgte die Politik und die gehobene Verwaltung sowie die Kriegs- und Flottenführung. Die Cittadini, die bürgerlichen Kaufleute (circa 3–4 % der Bevölkerung), sorgten für Geldmittel und Wertschöpfung durch Handel und Produktion von Luxuswaren, die Populani, also die Mehrheit der Bevölkerung, stellte die Soldaten, Matrosen und leistete Handarbeit, durfte aber auch als Schiffsbesatzung in gewissem Rahmen auf eigene Rechnung Handel treiben. In der Epoche des Aufstiegs waren die Adelsfamilien aktiv an Wirtschaft und Verwaltung der Stadt beteiligt: Sie trieben Handel, leiteten Kontore, kommandierten Galeeren und Flotten und waren in den zahlreichen Gremien des Staatswesens in die – zeitlich begrenzten – Ämter eingebunden, deren Kosten sie selbst zu tragen hatten.

Ab dem späten 16. Jahrhundert entwickelten die Konkurrenten aus Nordwest- und Westeuropa überlegene Kredit- und Handelstechniken. Ihre Wirtschaftspolitik nahm zudem stark protektionistische Züge an. In der Folge übernahm die Luxusindustrie (vor allem die Glasherstellung die Rolle des rückläufigen Levantehandels, ebenso der Tourismus. Venedig konnte Dalmatien und zeitweilig den Peloponnes unter seiner Hoheit halten, jedoch ging 1669 Kreta und 1718 der Peloponnes endgültig verloren. Der ökonomische Niedergang der Stadt im 17. und 18. Jahrhundert ist dennoch eher als ein Zurückfallen gegenüber den schneller wachsenden Konkurrenten zu deuten, denn als Schrumpfungsprozess.

1797 verlor die Adelsrepublik durch Napoléon Bonaparte ihre Selbstständigkeit und wurde bis 1805 bzw. 1806 an Österreich angegliedert. Nachdem es 1805 bis 1814 Teil des napoleonischen Königreichs Italien war, kam es 1814 bzw. 1815 als Teil des Lombardo-Venezianischen Königreiches wiederum zu Österreich. 1830 erhielt die Stadt einen Freihafen und wurde 1845 durch die so genannte Freiheitsbrücke (Ponte della libertà) ans Festland gebunden.

Im Revolutionsjahr 1848 (vgl. Märzrevolution) wurde am 23. März unter Daniele Manin eine Republik in Venedig ausgerufen, die über ein Jahr ihre Unabhängigkeit von Österreich behaupten konnte. Am 23. August 1849 wurde die Stadtrepublik von österreichischen Truppen blutig erobert. Der Belagerungszustand wurde erst 1854 aufgehoben.

In Folge der Niederlage Österreichs gegen Preußen im Krieg von 1866, in dem das 1861 neu gegründete Königreich Italien Verbündeter Preußens war, kam Venedig gemäß dem Frieden von Wien vom 3. Oktober 1866 an Italien.

Bis 1890 kam es zu massenhaften Auswanderungen – allein aus dem Veneto 1,4 Millionen Menschen. Unter Bürgermeister Riccardo Selvatico kam es nun zu verstärkten Industrialisierungsbemühungen. 1917 wurde der Hafen Marghera eröffnet, der die Arbeitsteilung zwischen dem Industrierand der Lagune und der Altstadt, die vor allem auf Tourismus setzte, offenkundig machte. Ab 1926 gehörte der Industriekomplex Mestre-Marghera zu Venedig, drei Jahre später entstand eine Autobrücke mit einem Parkhaus (Piazzale Roma), dazu ein Bahnhof und künstliche Inseln. Bis weit in die 70er Jahre hatte die Industriepolitik Vorrang, so dass aus der Lagune eine Kloake wurde, die durch die verbreiterten Durchfahrten zur Adria und die Zerstörung des ökologischen Gleichgewichts in der Lagune immer häufiger verheerenden Überschwemmungen ausgesetzt wurde, wie etwa 1966. Gleichzeitig schrumpft die Bevölkerung in der Altstadt bis heute dramatisch, ihre Überalterung nimmt zu.

Unter Bürgermeister Massimo Cacciari (1993-2000 und seit 2005) subventioniert die Regierung die Restaurierung der Wohnhäuser, entwickelt Projekte zum Schutz vor Hochwasser, bemüht sich um den Umzug europäischer Institutionen nach Venedig, und ließ sämtliche Kanäle reinigen. Auch hat der Ausbau der Universität zu einer gewissen Verjüngung der Bevölkerung beigetragen.

Basierend auf dem Artikel Venedig der freien Enzyklopädie Wikipedia unter der GNU Free Documentation License.
Quelle | Autoren und Artikelversionen